Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

ich kriegen. Da er stehen blieb, blieb das
Ding auch stehen. Denn es merkte, daß der
Mensch dreist war. Mit einemmale aber,
ehe sich es versahe, lief der Diener auf dasselbe
los, und rennte es um und um, daß es wie
ein Mehlsack mitten in den Saal fiel. Und
nun war er mit der Peitsche drüber her. Bey
jedem Schlage fühlte er was menschliches.
Endlich fieng das Ding an jämmerlich zu
schreyen. Wer bist du? Keine Antwort.
Bav, Bav, mit der Peitsche drüber her.
Ach! Barmherzigkeit, rief eine klägliche Wei-
berstimme. Als er ihm das Tuch abriß,
sahe er, daß es das Kindermädchen war.
Er faßte es oben bey den Haaren, und schlepp-
te es so vor seines Herrn Kammer. Als die-
ser den entsetzlichen Lärm hörte, rief er: um
Gottes willen, was willst du, Gespenst! ich
habe dir ja nichts gethan. Aufgemacht!
rief der Diener. Kennen sie meine Stimme?

Hier
M 2

ich kriegen. Da er ſtehen blieb, blieb das
Ding auch ſtehen. Denn es merkte, daß der
Menſch dreiſt war. Mit einemmale aber,
ehe ſich es verſahe, lief der Diener auf daſſelbe
los, und rennte es um und um, daß es wie
ein Mehlſack mitten in den Saal fiel. Und
nun war er mit der Peitſche druͤber her. Bey
jedem Schlage fuͤhlte er was menſchliches.
Endlich fieng das Ding an jaͤmmerlich zu
ſchreyen. Wer biſt du? Keine Antwort.
Bav, Bav, mit der Peitſche druͤber her.
Ach! Barmherzigkeit, rief eine klaͤgliche Wei-
berſtimme. Als er ihm das Tuch abriß,
ſahe er, daß es das Kindermaͤdchen war.
Er faßte es oben bey den Haaren, und ſchlepp-
te es ſo vor ſeines Herrn Kammer. Als die-
ſer den entſetzlichen Laͤrm hoͤrte, rief er: um
Gottes willen, was willſt du, Geſpenſt! ich
habe dir ja nichts gethan. Aufgemacht!
rief der Diener. Kennen ſie meine Stimme?

Hier
M 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0201" n="179"/>
ich kriegen. Da er &#x017F;tehen blieb, blieb das<lb/>
Ding auch &#x017F;tehen. Denn es merkte, daß der<lb/>
Men&#x017F;ch drei&#x017F;t war. Mit einemmale aber,<lb/>
ehe &#x017F;ich es ver&#x017F;ahe, lief der Diener auf da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
los, und rennte es um und um, daß es wie<lb/>
ein Mehl&#x017F;ack mitten in den Saal fiel. Und<lb/>
nun war er mit der Peit&#x017F;che dru&#x0364;ber her. Bey<lb/>
jedem Schlage fu&#x0364;hlte er was men&#x017F;chliches.<lb/>
Endlich fieng das Ding an ja&#x0364;mmerlich zu<lb/>
&#x017F;chreyen. Wer bi&#x017F;t du? Keine Antwort.<lb/>
Bav, Bav, mit der Peit&#x017F;che dru&#x0364;ber her.<lb/>
Ach! Barmherzigkeit, rief eine kla&#x0364;gliche Wei-<lb/>
ber&#x017F;timme. Als er ihm das Tuch abriß,<lb/>
&#x017F;ahe er, daß es das Kinderma&#x0364;dchen war.<lb/>
Er faßte es oben bey den Haaren, und &#x017F;chlepp-<lb/>
te es &#x017F;o vor &#x017F;eines Herrn Kammer. Als die-<lb/>
&#x017F;er den ent&#x017F;etzlichen La&#x0364;rm ho&#x0364;rte, rief er: um<lb/>
Gottes willen, was will&#x017F;t du, Ge&#x017F;pen&#x017F;t! ich<lb/>
habe dir ja nichts gethan. Aufgemacht!<lb/>
rief der Diener. Kennen &#x017F;ie meine Stimme?<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Hier</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0201] ich kriegen. Da er ſtehen blieb, blieb das Ding auch ſtehen. Denn es merkte, daß der Menſch dreiſt war. Mit einemmale aber, ehe ſich es verſahe, lief der Diener auf daſſelbe los, und rennte es um und um, daß es wie ein Mehlſack mitten in den Saal fiel. Und nun war er mit der Peitſche druͤber her. Bey jedem Schlage fuͤhlte er was menſchliches. Endlich fieng das Ding an jaͤmmerlich zu ſchreyen. Wer biſt du? Keine Antwort. Bav, Bav, mit der Peitſche druͤber her. Ach! Barmherzigkeit, rief eine klaͤgliche Wei- berſtimme. Als er ihm das Tuch abriß, ſahe er, daß es das Kindermaͤdchen war. Er faßte es oben bey den Haaren, und ſchlepp- te es ſo vor ſeines Herrn Kammer. Als die- ſer den entſetzlichen Laͤrm hoͤrte, rief er: um Gottes willen, was willſt du, Geſpenſt! ich habe dir ja nichts gethan. Aufgemacht! rief der Diener. Kennen ſie meine Stimme? Hier M 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/201
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/201>, abgerufen am 22.11.2024.