Goethe, Johann Wolfgang von: Die Leiden des jungen Werthers. Bd. 2. Leipzig, 1774.Fünf schwarzgraue Dokken waren um ihn. Er sah den kühnen Erath am Ufer, faßt und band ihn an die Eiche. Fest umflocht er seine Hüften, er füllt mit Aechzen die Winde. Arindal betritt die Welle in seinem Boote, Die Wellen zerschmettern das Boot. Armar Allein auf dem seebespülten Felsen hört ich te
Fuͤnf ſchwarzgraue Dokken waren um ihn. Er ſah den kuͤhnen Erath am Ufer, faßt und band ihn an die Eiche. Feſt umflocht er ſeine Huͤften, er fuͤllt mit Aechzen die Winde. Arindal betritt die Welle in ſeinem Boote, Die Wellen zerſchmettern das Boot. Armar Allein auf dem ſeebeſpuͤlten Felſen hoͤrt ich te
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Fuͤnf ſchwarzgraue Dokken waren um ihn. Er ſah
den kuͤhnen Erath am Ufer, faßt und band ihn an
die Eiche. Feſt umflocht er ſeine Huͤften, er fuͤllt
mit Aechzen die Winde.
Arindal betritt die Welle in ſeinem Boote,
Daura heruͤber zu bringen. Armar kam in ſei-
nem Grimm, druͤkt ab den grau befiederten Pfeil,
er klang, er ſank in dein Herz, o Arindal, mein
Sohn! Statt Erath des Verraͤthers kamſt du um,
das Boot erreicht den Felſen, er ſank dran nieder
und ſtarb. Welch war dein Jammer, o Daura,
da zu deinen Fuͤſſen floß deines Bruders Blut.
Die Wellen zerſchmettern das Boot. Armar
ſtuͤrzt ſich in die See, ſeine Daura zu retten oder
zu ſterben. Schnell ſtuͤrmt ein Stos vom Huͤgel
in die Wellen, er ſank und hub ſich nicht wieder.
Allein auf dem ſeebeſpuͤlten Felſen hoͤrt ich
die Klage meiner Tochter. Viel und laut war
ihr Schreyen; doch konnt ſie ihr Vater nicht
retten. Die ganze Nacht ſtund ich am Ufer, ich
ſah ſie im ſchwachen Strahle des Monds, die gan-
ze Nacht hoͤrt ich ihr Schreyn. Laut war der
Wind, und der Regen ſchlug ſcharf nach der Sei-
te
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