Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

eigen zu nennen, und es schien ihm nichts
weiter abzugehen als eine vollkommene Frau,
um die ihn die Welt so wie um das übrige
zu beneiden hätte.

Diese Familienangelegenheit war es, welche
Charlotten bisher sehr viel zu thun gab, der
sie ihre ganze Ueberlegung, ihre Correspon¬
denz widmete, insofern diese nicht darauf ge¬
richtet war, von Eduard nähere Nachricht
zu erhalten; deswegen auch Ottilie mehr als
sonst in der letzten Zeit allein blieb. Diese
wußte zwar um die Ankunft Lucianens; im
Hause hatte sie deshalb die nöthigsten Vor¬
kehrungen getroffen; allein so nahe stellte man
sich den Besuch nicht vor. Man wollte vor¬
her noch schreiben, abreden, näher bestimmen,
als der Sturm auf einmal über das Schloß
und Ottilien hereinbrach.

Angefahren kamen nun Kammerjungfern
und Bediente, Brancards mit Koffern und

eigen zu nennen, und es ſchien ihm nichts
weiter abzugehen als eine vollkommene Frau,
um die ihn die Welt ſo wie um das uͤbrige
zu beneiden haͤtte.

Dieſe Familienangelegenheit war es, welche
Charlotten bisher ſehr viel zu thun gab, der
ſie ihre ganze Ueberlegung, ihre Correſpon¬
denz widmete, inſofern dieſe nicht darauf ge¬
richtet war, von Eduard naͤhere Nachricht
zu erhalten; deswegen auch Ottilie mehr als
ſonſt in der letzten Zeit allein blieb. Dieſe
wußte zwar um die Ankunft Lucianens; im
Hauſe hatte ſie deshalb die noͤthigſten Vor¬
kehrungen getroffen; allein ſo nahe ſtellte man
ſich den Beſuch nicht vor. Man wollte vor¬
her noch ſchreiben, abreden, naͤher beſtimmen,
als der Sturm auf einmal uͤber das Schloß
und Ottilien hereinbrach.

Angefahren kamen nun Kammerjungfern
und Bediente, Brancards mit Koffern und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0051" n="48"/>
eigen zu nennen, und es &#x017F;chien ihm nichts<lb/>
weiter abzugehen als eine vollkommene Frau,<lb/>
um die ihn die Welt &#x017F;o wie um das u&#x0364;brige<lb/>
zu beneiden ha&#x0364;tte.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;e Familienangelegenheit war es, welche<lb/>
Charlotten bisher &#x017F;ehr viel zu thun gab, der<lb/>
&#x017F;ie ihre ganze Ueberlegung, ihre Corre&#x017F;pon¬<lb/>
denz widmete, in&#x017F;ofern die&#x017F;e nicht darauf ge¬<lb/>
richtet war, von Eduard na&#x0364;here Nachricht<lb/>
zu erhalten; deswegen auch Ottilie mehr als<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t in der letzten Zeit allein blieb. Die&#x017F;e<lb/>
wußte zwar um die Ankunft Lucianens; im<lb/>
Hau&#x017F;e hatte &#x017F;ie deshalb die no&#x0364;thig&#x017F;ten Vor¬<lb/>
kehrungen getroffen; allein &#x017F;o nahe &#x017F;tellte man<lb/>
&#x017F;ich den Be&#x017F;uch nicht vor. Man wollte vor¬<lb/>
her noch &#x017F;chreiben, abreden, na&#x0364;her be&#x017F;timmen,<lb/>
als der Sturm auf einmal u&#x0364;ber das Schloß<lb/>
und Ottilien hereinbrach.</p><lb/>
        <p>Angefahren kamen nun Kammerjungfern<lb/>
und Bediente, Brancards mit Koffern und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0051] eigen zu nennen, und es ſchien ihm nichts weiter abzugehen als eine vollkommene Frau, um die ihn die Welt ſo wie um das uͤbrige zu beneiden haͤtte. Dieſe Familienangelegenheit war es, welche Charlotten bisher ſehr viel zu thun gab, der ſie ihre ganze Ueberlegung, ihre Correſpon¬ denz widmete, inſofern dieſe nicht darauf ge¬ richtet war, von Eduard naͤhere Nachricht zu erhalten; deswegen auch Ottilie mehr als ſonſt in der letzten Zeit allein blieb. Dieſe wußte zwar um die Ankunft Lucianens; im Hauſe hatte ſie deshalb die noͤthigſten Vor¬ kehrungen getroffen; allein ſo nahe ſtellte man ſich den Beſuch nicht vor. Man wollte vor¬ her noch ſchreiben, abreden, naͤher beſtimmen, als der Sturm auf einmal uͤber das Schloß und Ottilien hereinbrach. Angefahren kamen nun Kammerjungfern und Bediente, Brancards mit Koffern und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/51
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/51>, abgerufen am 25.11.2024.