neue angeregt, durch ihre trostvollen hoffnung¬ gebenden Worte wieder ermuthigt und zu standhaftem Ausharren berechtigt, erklärte er auf einmal: er werde sich nicht entfernen. Wie thöricht! rief er aus, das Unentbehr¬ lichste, Nothwendigste vorsätzlich, voreilig weg¬ zuwerfen, das, wenn uns auch der Verlust bedroht, vielleicht noch zu erhalten wäre. Und was soll es heißen? Doch nur, daß der Mensch ja scheine wollen, wählen zu können. So habe ich oft, beherrscht von solchem albernen Dünkel, Stunden ja Tage zu früh, mich von Freunden losgerissen, um nur nicht von dem letzten unausweichlichen Termin entschieden ge¬ zwungen zu werden. Dießmal aber will ich bleiben. Warum soll ich mich entfernen? Ist sie nicht schon von mir entfernt? Es fällt mir nicht ein, ihre Hand zu fassen, sie an mein Herz zu drücken; sogar darf ich es nicht den¬ ken, es schaudert mir. Sie hat sich nicht von mir weg, sie hat sich über mich wegge¬ hoben.
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neue angeregt, durch ihre troſtvollen hoffnung¬ gebenden Worte wieder ermuthigt und zu ſtandhaftem Ausharren berechtigt, erklaͤrte er auf einmal: er werde ſich nicht entfernen. Wie thoͤricht! rief er aus, das Unentbehr¬ lichſte, Nothwendigſte vorſaͤtzlich, voreilig weg¬ zuwerfen, das, wenn uns auch der Verluſt bedroht, vielleicht noch zu erhalten waͤre. Und was ſoll es heißen? Doch nur, daß der Menſch ja ſcheine wollen, waͤhlen zu koͤnnen. So habe ich oft, beherrſcht von ſolchem albernen Duͤnkel, Stunden ja Tage zu fruͤh, mich von Freunden losgeriſſen, um nur nicht von dem letzten unausweichlichen Termin entſchieden ge¬ zwungen zu werden. Dießmal aber will ich bleiben. Warum ſoll ich mich entfernen? Iſt ſie nicht ſchon von mir entfernt? Es faͤllt mir nicht ein, ihre Hand zu faſſen, ſie an mein Herz zu druͤcken; ſogar darf ich es nicht den¬ ken, es ſchaudert mir. Sie hat ſich nicht von mir weg, ſie hat ſich uͤber mich wegge¬ hoben.
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neue angeregt, durch ihre troſtvollen hoffnung¬
gebenden Worte wieder ermuthigt und zu
ſtandhaftem Ausharren berechtigt, erklaͤrte er
auf einmal: er werde ſich nicht entfernen.
Wie thoͤricht! rief er aus, das Unentbehr¬
lichſte, Nothwendigſte vorſaͤtzlich, voreilig weg¬
zuwerfen, das, wenn uns auch der Verluſt
bedroht, vielleicht noch zu erhalten waͤre. Und
was ſoll es heißen? Doch nur, daß der Menſch
ja ſcheine wollen, waͤhlen zu koͤnnen. So
habe ich oft, beherrſcht von ſolchem albernen
Duͤnkel, Stunden ja Tage zu fruͤh, mich von
Freunden losgeriſſen, um nur nicht von dem
letzten unausweichlichen Termin entſchieden ge¬
zwungen zu werden. Dießmal aber will ich
bleiben. Warum ſoll ich mich entfernen? Iſt
ſie nicht ſchon von mir entfernt? Es faͤllt mir
nicht ein, ihre Hand zu faſſen, ſie an mein
Herz zu druͤcken; ſogar darf ich es nicht den¬
ken, es ſchaudert mir. Sie hat ſich nicht
von mir weg, ſie hat ſich uͤber mich wegge¬
hoben.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/310>, abgerufen am 22.11.2024.
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