Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Wer hätte nun widerstehen können als der
Architect sich erbot, nach dem Anlaß dieser Ur¬
bilder, die Räume zwischen den Spitzbogen der
Capelle auszumalen und dadurch sein Andenken
entschieden an einem Orte zu stiften, wo es
ihm so gut gegangen war. Er erklärte sich
hierüber mit einiger Wehmuth: denn er konnte
nach der Lage der Sache wohl einsehen, daß
sein Aufenthalt in so vollkommener Gesellschaft
nicht immer dauern könne, ja vielleicht bald
abgebrochen werden müsse.

Uebrigens waren diese Tage zwar nicht
reich an Begebenheiten, doch voller Anlässe
zu ernsthafter Unterhaltung. Wir nehmen
daher Gelegenheit von demjenigen was Ottilie
sich daraus in ihren Heft angemerkt, einiges
mitzutheilen, wozu wir keinen schicklichern
Uebergang finden als durch ein Gleichniß,
das sich uns beym Betrachten ihrer liebens¬
würdigen Blätter aufdringt.

Wer haͤtte nun widerſtehen koͤnnen als der
Architect ſich erbot, nach dem Anlaß dieſer Ur¬
bilder, die Raͤume zwiſchen den Spitzbogen der
Capelle auszumalen und dadurch ſein Andenken
entſchieden an einem Orte zu ſtiften, wo es
ihm ſo gut gegangen war. Er erklaͤrte ſich
hieruͤber mit einiger Wehmuth: denn er konnte
nach der Lage der Sache wohl einſehen, daß
ſein Aufenthalt in ſo vollkommener Geſellſchaft
nicht immer dauern koͤnne, ja vielleicht bald
abgebrochen werden muͤſſe.

Uebrigens waren dieſe Tage zwar nicht
reich an Begebenheiten, doch voller Anlaͤſſe
zu ernſthafter Unterhaltung. Wir nehmen
daher Gelegenheit von demjenigen was Ottilie
ſich daraus in ihren Heft angemerkt, einiges
mitzutheilen, wozu wir keinen ſchicklichern
Uebergang finden als durch ein Gleichniß,
das ſich uns beym Betrachten ihrer liebens¬
wuͤrdigen Blaͤtter aufdringt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0028" n="25"/>
        <p>Wer ha&#x0364;tte nun wider&#x017F;tehen ko&#x0364;nnen als der<lb/>
Architect &#x017F;ich erbot, nach dem Anlaß die&#x017F;er Ur¬<lb/>
bilder, die Ra&#x0364;ume zwi&#x017F;chen den Spitzbogen der<lb/>
Capelle auszumalen und dadurch &#x017F;ein Andenken<lb/>
ent&#x017F;chieden an einem Orte zu &#x017F;tiften, wo es<lb/>
ihm &#x017F;o gut gegangen war. Er erkla&#x0364;rte &#x017F;ich<lb/>
hieru&#x0364;ber mit einiger Wehmuth: denn er konnte<lb/>
nach der Lage der Sache wohl ein&#x017F;ehen, daß<lb/>
&#x017F;ein Aufenthalt in &#x017F;o vollkommener Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
nicht immer dauern ko&#x0364;nne, ja vielleicht bald<lb/>
abgebrochen werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Uebrigens waren die&#x017F;e Tage zwar nicht<lb/>
reich an Begebenheiten, doch voller Anla&#x0364;&#x017F;&#x017F;e<lb/>
zu ern&#x017F;thafter Unterhaltung. Wir nehmen<lb/>
daher Gelegenheit von demjenigen was Ottilie<lb/>
&#x017F;ich daraus in ihren Heft angemerkt, einiges<lb/>
mitzutheilen, wozu wir keinen &#x017F;chicklichern<lb/>
Uebergang finden als durch ein Gleichniß,<lb/>
das &#x017F;ich uns beym Betrachten ihrer liebens¬<lb/>
wu&#x0364;rdigen Bla&#x0364;tter aufdringt.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[25/0028] Wer haͤtte nun widerſtehen koͤnnen als der Architect ſich erbot, nach dem Anlaß dieſer Ur¬ bilder, die Raͤume zwiſchen den Spitzbogen der Capelle auszumalen und dadurch ſein Andenken entſchieden an einem Orte zu ſtiften, wo es ihm ſo gut gegangen war. Er erklaͤrte ſich hieruͤber mit einiger Wehmuth: denn er konnte nach der Lage der Sache wohl einſehen, daß ſein Aufenthalt in ſo vollkommener Geſellſchaft nicht immer dauern koͤnne, ja vielleicht bald abgebrochen werden muͤſſe. Uebrigens waren dieſe Tage zwar nicht reich an Begebenheiten, doch voller Anlaͤſſe zu ernſthafter Unterhaltung. Wir nehmen daher Gelegenheit von demjenigen was Ottilie ſich daraus in ihren Heft angemerkt, einiges mitzutheilen, wozu wir keinen ſchicklichern Uebergang finden als durch ein Gleichniß, das ſich uns beym Betrachten ihrer liebens¬ wuͤrdigen Blaͤtter aufdringt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/28
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/28>, abgerufen am 23.11.2024.