der die ganze Nacht im Freyen den Major erwartet hatte, da ihm kein Feuerzeichen, kein Donnerlaut ein glückliches Gelingen verkünden wollte. Er wußte bereits von dem Unglück und auch er, anstatt das arme Geschöpf zu bedauern, sah diesen Fall, ohne sich's ganz gestehen zu wollen, als eine Fügung an, wo¬ durch jedes Hinderniß an seinem Glück auf einmal beseitigt wäre. Gar leicht ließ er sich daher durch den Major bewegen, der ihm schnell den Entschluß seiner Gattinn verkün¬ digte, wieder nach jenem Dorfe, und sodann nach der kleinen Stadt zurückzukehren, wo sie das Nächste überlegen und einleiten wollten.
Charlotte saß, nachdem der Major sie ver¬ lassen hatte, nur wenige Minuten in ihre Be¬ trachtungen versenkt: denn sogleich richtete Ottilie sich auf, ihre Freundinn mit großen Augen anblickend. Erst erhob sie sich von dem Schooße, dann von der Erde und stand vor Charlotten.
der die ganze Nacht im Freyen den Major erwartet hatte, da ihm kein Feuerzeichen, kein Donnerlaut ein gluͤckliches Gelingen verkuͤnden wollte. Er wußte bereits von dem Ungluͤck und auch er, anſtatt das arme Geſchoͤpf zu bedauern, ſah dieſen Fall, ohne ſich's ganz geſtehen zu wollen, als eine Fuͤgung an, wo¬ durch jedes Hinderniß an ſeinem Gluͤck auf einmal beſeitigt waͤre. Gar leicht ließ er ſich daher durch den Major bewegen, der ihm ſchnell den Entſchluß ſeiner Gattinn verkuͤn¬ digte, wieder nach jenem Dorfe, und ſodann nach der kleinen Stadt zuruͤckzukehren, wo ſie das Naͤchſte uͤberlegen und einleiten wollten.
Charlotte ſaß, nachdem der Major ſie ver¬ laſſen hatte, nur wenige Minuten in ihre Be¬ trachtungen verſenkt: denn ſogleich richtete Ottilie ſich auf, ihre Freundinn mit großen Augen anblickend. Erſt erhob ſie ſich von dem Schooße, dann von der Erde und ſtand vor Charlotten.
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der die ganze Nacht im Freyen den Major
erwartet hatte, da ihm kein Feuerzeichen, kein
Donnerlaut ein gluͤckliches Gelingen verkuͤnden
wollte. Er wußte bereits von dem Ungluͤck
und auch er, anſtatt das arme Geſchoͤpf zu
bedauern, ſah dieſen Fall, ohne ſich's ganz
geſtehen zu wollen, als eine Fuͤgung an, wo¬
durch jedes Hinderniß an ſeinem Gluͤck auf
einmal beſeitigt waͤre. Gar leicht ließ er ſich
daher durch den Major bewegen, der ihm
ſchnell den Entſchluß ſeiner Gattinn verkuͤn¬
digte, wieder nach jenem Dorfe, und ſodann
nach der kleinen Stadt zuruͤckzukehren, wo
ſie das Naͤchſte uͤberlegen und einleiten wollten.
Charlotte ſaß, nachdem der Major ſie ver¬
laſſen hatte, nur wenige Minuten in ihre Be¬
trachtungen verſenkt: denn ſogleich richtete
Ottilie ſich auf, ihre Freundinn mit großen
Augen anblickend. Erſt erhob ſie ſich von
dem Schooße, dann von der Erde und ſtand
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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/269>, abgerufen am 27.11.2024.
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