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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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Ottilie konnte das nicht läugnen; aber sie
konnte nicht gestehen, was sie bey diesen
Worten empfand, weil sie sich es kaum selbst
auszulegen wußte. Es schien ihr in der
Welt nichts mehr unzusammenhängend, wenn
sie an den geliebten Mann dachte, und sie
begriff nicht, wie ohne ihn noch irgend etwas
zusammenhängen könne.

Charlotte beantwortete den Antrag mit
kluger Freundlichkeit. Sie sagte, daß sowohl
sie als Ottilie eine Rückkehr nach der Pension
längst gewünscht hätten. In dieser Zeit nur
sey ihr die Gegenwart einer so lieben Freun¬
dinn und Helferinn unentbehrlich gewesen;
doch wolle sie in der Folge nicht hinderlich
seyn, wenn es Ottiliens Wunsch bliebe, wie¬
der auf so lange dorthin zurückzukehren, bis
sie das Angefangene geendet und das Unter¬
brochene sich vollständig zugeeignet.

Der Gehülfe nahm diese Anerbietung
freudig auf; Ottilie dürfte nichts dagegen

Ottilie konnte das nicht laͤugnen; aber ſie
konnte nicht geſtehen, was ſie bey dieſen
Worten empfand, weil ſie ſich es kaum ſelbſt
auszulegen wußte. Es ſchien ihr in der
Welt nichts mehr unzuſammenhaͤngend, wenn
ſie an den geliebten Mann dachte, und ſie
begriff nicht, wie ohne ihn noch irgend etwas
zuſammenhaͤngen koͤnne.

Charlotte beantwortete den Antrag mit
kluger Freundlichkeit. Sie ſagte, daß ſowohl
ſie als Ottilie eine Ruͤckkehr nach der Penſion
laͤngſt gewuͤnſcht haͤtten. In dieſer Zeit nur
ſey ihr die Gegenwart einer ſo lieben Freun¬
dinn und Helferinn unentbehrlich geweſen;
doch wolle ſie in der Folge nicht hinderlich
ſeyn, wenn es Ottiliens Wunſch bliebe, wie¬
der auf ſo lange dorthin zuruͤckzukehren, bis
ſie das Angefangene geendet und das Unter¬
brochene ſich vollſtaͤndig zugeeignet.

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freudig auf; Ottilie duͤrfte nichts dagegen

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[146/0149] Ottilie konnte das nicht laͤugnen; aber ſie konnte nicht geſtehen, was ſie bey dieſen Worten empfand, weil ſie ſich es kaum ſelbſt auszulegen wußte. Es ſchien ihr in der Welt nichts mehr unzuſammenhaͤngend, wenn ſie an den geliebten Mann dachte, und ſie begriff nicht, wie ohne ihn noch irgend etwas zuſammenhaͤngen koͤnne. Charlotte beantwortete den Antrag mit kluger Freundlichkeit. Sie ſagte, daß ſowohl ſie als Ottilie eine Ruͤckkehr nach der Penſion laͤngſt gewuͤnſcht haͤtten. In dieſer Zeit nur ſey ihr die Gegenwart einer ſo lieben Freun¬ dinn und Helferinn unentbehrlich geweſen; doch wolle ſie in der Folge nicht hinderlich ſeyn, wenn es Ottiliens Wunſch bliebe, wie¬ der auf ſo lange dorthin zuruͤckzukehren, bis ſie das Angefangene geendet und das Unter¬ brochene ſich vollſtaͤndig zugeeignet. Der Gehuͤlfe nahm dieſe Anerbietung freudig auf; Ottilie duͤrfte nichts dagegen

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/149>, abgerufen am 25.11.2024.