dadurch gleichsam ausgelöscht: denn die wohl¬ erhaltenen Monumente zeigten zwar an, wer begraben sey, aber nicht wo er begraben sey, und auf das Wo komme es eigentlich an, wie Viele behaupteten.
Von eben solcher Gesinnung war eine be¬ nachbarte Familie, die sich und den Ihrigen einen Raum auf dieser allgemeinen Ruhestätte vor mehreren Jahren ausbedungen und dafür der Kirche eine kleine Stiftung zugewendet hatte. Nun war der junge Rechtsgelehrte abgesendet, um die Stiftung zu wiederrufen und anzuzeigen, daß man nicht weiter zahlen werde, weil die Bedingung unter welcher dieses bisher geschehen, einseitig aufgehoben und auf alle Vorstellungen und Widerreden nicht geachtet worden. Charlotte, die Urhe¬ berinn dieser Veränderung, wollte den jungen Mann selbst sprechen, der zwar lebhaft, aber nicht allzu vorlaut, seine und seines Princi¬
dadurch gleichſam ausgeloͤſcht: denn die wohl¬ erhaltenen Monumente zeigten zwar an, wer begraben ſey, aber nicht wo er begraben ſey, und auf das Wo komme es eigentlich an, wie Viele behaupteten.
Von eben ſolcher Geſinnung war eine be¬ nachbarte Familie, die ſich und den Ihrigen einen Raum auf dieſer allgemeinen Ruheſtaͤtte vor mehreren Jahren ausbedungen und dafuͤr der Kirche eine kleine Stiftung zugewendet hatte. Nun war der junge Rechtsgelehrte abgeſendet, um die Stiftung zu wiederrufen und anzuzeigen, daß man nicht weiter zahlen werde, weil die Bedingung unter welcher dieſes bisher geſchehen, einſeitig aufgehoben und auf alle Vorſtellungen und Widerreden nicht geachtet worden. Charlotte, die Urhe¬ berinn dieſer Veraͤnderung, wollte den jungen Mann ſelbſt ſprechen, der zwar lebhaft, aber nicht allzu vorlaut, ſeine und ſeines Princi¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0012"n="9"/>
dadurch gleichſam ausgeloͤſcht: denn die wohl¬<lb/>
erhaltenen Monumente zeigten zwar an, wer<lb/>
begraben ſey, aber nicht wo er begraben ſey,<lb/>
und auf das Wo komme es eigentlich an, wie<lb/>
Viele behaupteten.</p><lb/><p>Von eben ſolcher Geſinnung war eine be¬<lb/>
nachbarte Familie, die ſich und den Ihrigen<lb/>
einen Raum auf dieſer allgemeinen Ruheſtaͤtte<lb/>
vor mehreren Jahren ausbedungen und dafuͤr<lb/>
der Kirche eine kleine Stiftung zugewendet<lb/>
hatte. Nun war der junge Rechtsgelehrte<lb/>
abgeſendet, um die Stiftung zu wiederrufen<lb/>
und anzuzeigen, daß man nicht weiter zahlen<lb/>
werde, weil die Bedingung unter welcher<lb/>
dieſes bisher geſchehen, einſeitig aufgehoben<lb/>
und auf alle Vorſtellungen und Widerreden<lb/>
nicht geachtet worden. Charlotte, die Urhe¬<lb/>
berinn dieſer Veraͤnderung, wollte den jungen<lb/>
Mann ſelbſt ſprechen, der zwar lebhaft, aber<lb/>
nicht allzu vorlaut, ſeine und ſeines Princi¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[9/0012]
dadurch gleichſam ausgeloͤſcht: denn die wohl¬
erhaltenen Monumente zeigten zwar an, wer
begraben ſey, aber nicht wo er begraben ſey,
und auf das Wo komme es eigentlich an, wie
Viele behaupteten.
Von eben ſolcher Geſinnung war eine be¬
nachbarte Familie, die ſich und den Ihrigen
einen Raum auf dieſer allgemeinen Ruheſtaͤtte
vor mehreren Jahren ausbedungen und dafuͤr
der Kirche eine kleine Stiftung zugewendet
hatte. Nun war der junge Rechtsgelehrte
abgeſendet, um die Stiftung zu wiederrufen
und anzuzeigen, daß man nicht weiter zahlen
werde, weil die Bedingung unter welcher
dieſes bisher geſchehen, einſeitig aufgehoben
und auf alle Vorſtellungen und Widerreden
nicht geachtet worden. Charlotte, die Urhe¬
berinn dieſer Veraͤnderung, wollte den jungen
Mann ſelbſt ſprechen, der zwar lebhaft, aber
nicht allzu vorlaut, ſeine und ſeines Princi¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/12>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.