Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.man ein großes Blatt mit zwey Händen an¬ Habe ich Sie nicht auch manchmal, fragte Niemals, versetzte der Architect: niemals! man ein großes Blatt mit zwey Haͤnden an¬ Habe ich Sie nicht auch manchmal, fragte Niemals, verſetzte der Architect: niemals! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0115" n="112"/> man ein großes Blatt mit zwey Haͤnden an¬<lb/> faſſen muͤſſe, greifen ſie mit Einer Hand nach<lb/> einem unſchaͤtzbaren Kupferſtich, einer unerſetz¬<lb/> lichen Zeichnung, wie ein anmaßlicher Politiker<lb/> eine Zeitung faßt und durch das Zerknittern<lb/> des Papiers ſchon im Voraus ſein Urtheil<lb/> uͤber die Weltbegebenheiten zu erkennen giebt.<lb/> Niemand denkt daran, daß wenn nur zwan¬<lb/> zig Menſchen mit einem Kunſtwerke hinter¬<lb/> einander eben ſo verfuͤhren, der Einund¬<lb/> zwanzigſte nicht mehr viel daran zu ſehen<lb/> haͤtte.</p><lb/> <p>Habe ich Sie nicht auch manchmal, fragte<lb/> Ottilie, in ſolche Verlegenheit geſetzt? habe<lb/> ich nicht etwan Ihre Schaͤtze, ohne es zu<lb/> ahnden, gelegentlich einmal beſchaͤdigt?</p><lb/> <p>Niemals, verſetzte der Architect: niemals!<lb/> Ihnen waͤre es unmoͤglich: das Schickliche<lb/> iſt mit Ihnen geboren.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [112/0115]
man ein großes Blatt mit zwey Haͤnden an¬
faſſen muͤſſe, greifen ſie mit Einer Hand nach
einem unſchaͤtzbaren Kupferſtich, einer unerſetz¬
lichen Zeichnung, wie ein anmaßlicher Politiker
eine Zeitung faßt und durch das Zerknittern
des Papiers ſchon im Voraus ſein Urtheil
uͤber die Weltbegebenheiten zu erkennen giebt.
Niemand denkt daran, daß wenn nur zwan¬
zig Menſchen mit einem Kunſtwerke hinter¬
einander eben ſo verfuͤhren, der Einund¬
zwanzigſte nicht mehr viel daran zu ſehen
haͤtte.
Habe ich Sie nicht auch manchmal, fragte
Ottilie, in ſolche Verlegenheit geſetzt? habe
ich nicht etwan Ihre Schaͤtze, ohne es zu
ahnden, gelegentlich einmal beſchaͤdigt?
Niemals, verſetzte der Architect: niemals!
Ihnen waͤre es unmoͤglich: das Schickliche
iſt mit Ihnen geboren.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/115>, abgerufen am 16.07.2024. |