Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

fen sitzende Baronesse fand von daher we¬
nig Unterhaltung; eben so wenig an Eduard,
der erst durstig, dann aufgeregt, des Weines
nicht schonte und sich sehr lebhaft mit Ottilien
unterhielt die er an sich gezogen hatte, wie
von der andern Seite neben dem Hauptmann
Charlotte saß, der es schwer, ja beynahe
unmöglich ward, die Bewegungen ihres Inn¬
ren zu verbergen.

Die Baronesse hatte Zeit genug, Beob¬
achtungen anzustellen. Sie bemerkte Char¬
lottens Unbehagen, und weil sie nur Eduards
Verhältniß zu Ottilien im Sinn hatte; so
überzeugte sie sich leicht, auch Charlotte sey
bedenklich und verdrießlich über ihres Gemahls
Benehmen, und überlegte, wie sie nun¬
mehr am besten zu ihren Zwecken gelangen
könne.

Auch nach Tische fand sich ein Zwiespalt
in der Gesellschaft. Der Graf, der den

13 *

fen ſitzende Baroneſſe fand von daher we¬
nig Unterhaltung; eben ſo wenig an Eduard,
der erſt durſtig, dann aufgeregt, des Weines
nicht ſchonte und ſich ſehr lebhaft mit Ottilien
unterhielt die er an ſich gezogen hatte, wie
von der andern Seite neben dem Hauptmann
Charlotte ſaß, der es ſchwer, ja beynahe
unmoͤglich ward, die Bewegungen ihres Inn¬
ren zu verbergen.

Die Baroneſſe hatte Zeit genug, Beob¬
achtungen anzuſtellen. Sie bemerkte Char¬
lottens Unbehagen, und weil ſie nur Eduards
Verhaͤltniß zu Ottilien im Sinn hatte; ſo
uͤberzeugte ſie ſich leicht, auch Charlotte ſey
bedenklich und verdrießlich uͤber ihres Gemahls
Benehmen, und uͤberlegte, wie ſie nun¬
mehr am beſten zu ihren Zwecken gelangen
koͤnne.

Auch nach Tiſche fand ſich ein Zwieſpalt
in der Geſellſchaft. Der Graf, der den

13 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0200" n="195"/>
fen &#x017F;itzende Barone&#x017F;&#x017F;e fand von daher we¬<lb/>
nig Unterhaltung; eben &#x017F;o wenig an Eduard,<lb/>
der er&#x017F;t dur&#x017F;tig, dann aufgeregt, des Weines<lb/>
nicht &#x017F;chonte und &#x017F;ich &#x017F;ehr lebhaft mit Ottilien<lb/>
unterhielt die er an &#x017F;ich gezogen hatte, wie<lb/>
von der andern Seite neben dem Hauptmann<lb/>
Charlotte &#x017F;aß, der es &#x017F;chwer, ja beynahe<lb/>
unmo&#x0364;glich ward, die Bewegungen ihres Inn¬<lb/>
ren zu verbergen.</p><lb/>
        <p>Die Barone&#x017F;&#x017F;e hatte Zeit genug, Beob¬<lb/>
achtungen anzu&#x017F;tellen. Sie bemerkte Char¬<lb/>
lottens Unbehagen, und weil &#x017F;ie nur Eduards<lb/>
Verha&#x0364;ltniß zu Ottilien im Sinn hatte; &#x017F;o<lb/>
u&#x0364;berzeugte &#x017F;ie &#x017F;ich leicht, auch Charlotte &#x017F;ey<lb/>
bedenklich und verdrießlich u&#x0364;ber ihres Gemahls<lb/>
Benehmen, und u&#x0364;berlegte, wie &#x017F;ie nun¬<lb/>
mehr am be&#x017F;ten zu ihren Zwecken gelangen<lb/>
ko&#x0364;nne.</p><lb/>
        <p>Auch nach Ti&#x017F;che fand &#x017F;ich ein Zwie&#x017F;palt<lb/>
in der Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft. Der Graf, der den<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">13 *<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[195/0200] fen ſitzende Baroneſſe fand von daher we¬ nig Unterhaltung; eben ſo wenig an Eduard, der erſt durſtig, dann aufgeregt, des Weines nicht ſchonte und ſich ſehr lebhaft mit Ottilien unterhielt die er an ſich gezogen hatte, wie von der andern Seite neben dem Hauptmann Charlotte ſaß, der es ſchwer, ja beynahe unmoͤglich ward, die Bewegungen ihres Inn¬ ren zu verbergen. Die Baroneſſe hatte Zeit genug, Beob¬ achtungen anzuſtellen. Sie bemerkte Char¬ lottens Unbehagen, und weil ſie nur Eduards Verhaͤltniß zu Ottilien im Sinn hatte; ſo uͤberzeugte ſie ſich leicht, auch Charlotte ſey bedenklich und verdrießlich uͤber ihres Gemahls Benehmen, und uͤberlegte, wie ſie nun¬ mehr am beſten zu ihren Zwecken gelangen koͤnne. Auch nach Tiſche fand ſich ein Zwieſpalt in der Geſellſchaft. Der Graf, der den 13 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/200
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/200>, abgerufen am 27.11.2024.