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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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zu nehmen und zu behandlen, ihre Heiter¬
keit und scheinbare Unbefangenheit theilte sich
sogleich mit, und ein hoher Anstand begränzte
das Ganze, ohne daß man irgend einen Zwang
bemerkt hätte.

Diese Wirkung ließ sich augenblicks in der
Gesellschaft empfinden. Die Neueintretenden,
welche unmittelbar aus der Welt kamen, wie
man sogar an ihren Kleidern, Geräthschaften
und allen Umgebungen sehen konnte, machten
gewissermaßen mit unsern Freunden, ihrem
ländlichen und heimlich leidenschaftlichen Zu¬
stande, eine Art von Gegensatz, der sich je¬
doch sehr bald verlor, indem alte Erinnerun¬
gen und gegenwärtige Theilnahme sich ver¬
mischten, und ein schnelles lebhaftes Gespräch
alle geschwind zusammenverband.

Es währte indessen nicht lange, als schon
eine Sonderung vorging. Die Frauen zogen
sich auf ihren Flügel zurück und fanden da¬

zu nehmen und zu behandlen, ihre Heiter¬
keit und ſcheinbare Unbefangenheit theilte ſich
ſogleich mit, und ein hoher Anſtand begraͤnzte
das Ganze, ohne daß man irgend einen Zwang
bemerkt haͤtte.

Dieſe Wirkung ließ ſich augenblicks in der
Geſellſchaft empfinden. Die Neueintretenden,
welche unmittelbar aus der Welt kamen, wie
man ſogar an ihren Kleidern, Geraͤthſchaften
und allen Umgebungen ſehen konnte, machten
gewiſſermaßen mit unſern Freunden, ihrem
laͤndlichen und heimlich leidenſchaftlichen Zu¬
ſtande, eine Art von Gegenſatz, der ſich je¬
doch ſehr bald verlor, indem alte Erinnerun¬
gen und gegenwaͤrtige Theilnahme ſich ver¬
miſchten, und ein ſchnelles lebhaftes Geſpraͤch
alle geſchwind zuſammenverband.

Es waͤhrte indeſſen nicht lange, als ſchon
eine Sonderung vorging. Die Frauen zogen
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[173/0178] zu nehmen und zu behandlen, ihre Heiter¬ keit und ſcheinbare Unbefangenheit theilte ſich ſogleich mit, und ein hoher Anſtand begraͤnzte das Ganze, ohne daß man irgend einen Zwang bemerkt haͤtte. Dieſe Wirkung ließ ſich augenblicks in der Geſellſchaft empfinden. Die Neueintretenden, welche unmittelbar aus der Welt kamen, wie man ſogar an ihren Kleidern, Geraͤthſchaften und allen Umgebungen ſehen konnte, machten gewiſſermaßen mit unſern Freunden, ihrem laͤndlichen und heimlich leidenſchaftlichen Zu¬ ſtande, eine Art von Gegenſatz, der ſich je¬ doch ſehr bald verlor, indem alte Erinnerun¬ gen und gegenwaͤrtige Theilnahme ſich ver¬ miſchten, und ein ſchnelles lebhaftes Geſpraͤch alle geſchwind zuſammenverband. Es waͤhrte indeſſen nicht lange, als ſchon eine Sonderung vorging. Die Frauen zogen ſich auf ihren Fluͤgel zuruͤck und fanden da¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/178>, abgerufen am 23.11.2024.