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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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führt, der Boden geplattet und gepflastert,
die Außenseite mit Zieraten überdeckt ist; so
sieht er durch alle Hüllen immer noch hinein
und erkennt noch jene regelmäßigen sorgfäl¬
tigen Fugen, denen das Ganze sein Daseyn
und seinen Halt zu danken hat.

Aber wie Jeder, der eine Uebelthat be¬
gangen, fürchten muß, daß ungeachtet alles
Abwehrens, sie dennoch ans Licht kommen
werde; so muß derjenige erwarten, der ins
Geheim das Gute gethan, daß auch dieses wi¬
der seinen Willen an den Tag komme. Des¬
wegen machen wir diesen Grundstein zugleich
zum Denkstein. Hier in diese unterschiedlichen
gehauenen Vertiefungen soll verschiedenes ein¬
gesenkt werden, zum Zeugniß für eine ent¬
fernte Nachwelt. Diese metallnen zugelö¬
theten Köcher enthalten schriftliche Nachrich¬
ten; auf diese Metall-Platten ist allerley
Merkwürdiges eingegraben; in diesen schönen
gläsernen Flaschen versenken wir den besten al¬

fuͤhrt, der Boden geplattet und gepflaſtert,
die Außenſeite mit Zieraten uͤberdeckt iſt; ſo
ſieht er durch alle Huͤllen immer noch hinein
und erkennt noch jene regelmaͤßigen ſorgfaͤl¬
tigen Fugen, denen das Ganze ſein Daſeyn
und ſeinen Halt zu danken hat.

Aber wie Jeder, der eine Uebelthat be¬
gangen, fuͤrchten muß, daß ungeachtet alles
Abwehrens, ſie dennoch ans Licht kommen
werde; ſo muß derjenige erwarten, der ins
Geheim das Gute gethan, daß auch dieſes wi¬
der ſeinen Willen an den Tag komme. Des¬
wegen machen wir dieſen Grundſtein zugleich
zum Denkſtein. Hier in dieſe unterſchiedlichen
gehauenen Vertiefungen ſoll verſchiedenes ein¬
geſenkt werden, zum Zeugniß fuͤr eine ent¬
fernte Nachwelt. Dieſe metallnen zugeloͤ¬
theten Koͤcher enthalten ſchriftliche Nachrich¬
ten; auf dieſe Metall-Platten iſt allerley
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[156/0161] fuͤhrt, der Boden geplattet und gepflaſtert, die Außenſeite mit Zieraten uͤberdeckt iſt; ſo ſieht er durch alle Huͤllen immer noch hinein und erkennt noch jene regelmaͤßigen ſorgfaͤl¬ tigen Fugen, denen das Ganze ſein Daſeyn und ſeinen Halt zu danken hat. Aber wie Jeder, der eine Uebelthat be¬ gangen, fuͤrchten muß, daß ungeachtet alles Abwehrens, ſie dennoch ans Licht kommen werde; ſo muß derjenige erwarten, der ins Geheim das Gute gethan, daß auch dieſes wi¬ der ſeinen Willen an den Tag komme. Des¬ wegen machen wir dieſen Grundſtein zugleich zum Denkſtein. Hier in dieſe unterſchiedlichen gehauenen Vertiefungen ſoll verſchiedenes ein¬ geſenkt werden, zum Zeugniß fuͤr eine ent¬ fernte Nachwelt. Dieſe metallnen zugeloͤ¬ theten Koͤcher enthalten ſchriftliche Nachrich¬ ten; auf dieſe Metall-Platten iſt allerley Merkwuͤrdiges eingegraben; in dieſen ſchoͤnen glaͤſernen Flaſchen verſenken wir den beſten al¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/161>, abgerufen am 23.11.2024.