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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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Ganz recht, versetzte Eduard; aber selbst
diese verschiedenen Gelegenheiten, diese An¬
erbietungen machen ihm neue Qual, neue Un¬
ruhe. Keines von den Verhältnissen ist ihm
gemäß. Er soll nicht wirken; er soll sich auf¬
opfern, seine Zeit, seine Gesinnungen, seine
Art zu seyn, und das ist ihm unmöglich.
Jemehr ich das alles betrachte, jemehr ich
es fühle, desto lebhafter wird der Wunsch
ihn bey uns zu sehen.

Es ist recht schön und liebenswürdig von
dir, versetzte Charlotte, daß du des Freundes
Zustand mit so viel Theilnahme bedenkst; al¬
lein erlaube mir dich aufzufordern, auch dei¬
ner, auch unser zu gedenken.

Das habe ich gethan, entgegnete ihr
Eduard. Wir können von seiner Nähe uns
nur Vortheil und Annehmlichkeit versprechen.
Von dem Aufwande will ich nicht reden, der
auf alle Fälle gering für mich wird, wenn er

Ganz recht, verſetzte Eduard; aber ſelbſt
dieſe verſchiedenen Gelegenheiten, dieſe An¬
erbietungen machen ihm neue Qual, neue Un¬
ruhe. Keines von den Verhaͤltniſſen iſt ihm
gemaͤß. Er ſoll nicht wirken; er ſoll ſich auf¬
opfern, ſeine Zeit, ſeine Geſinnungen, ſeine
Art zu ſeyn, und das iſt ihm unmoͤglich.
Jemehr ich das alles betrachte, jemehr ich
es fuͤhle, deſto lebhafter wird der Wunſch
ihn bey uns zu ſehen.

Es iſt recht ſchoͤn und liebenswuͤrdig von
dir, verſetzte Charlotte, daß du des Freundes
Zuſtand mit ſo viel Theilnahme bedenkſt; al¬
lein erlaube mir dich aufzufordern, auch dei¬
ner, auch unſer zu gedenken.

Das habe ich gethan, entgegnete ihr
Eduard. Wir koͤnnen von ſeiner Naͤhe uns
nur Vortheil und Annehmlichkeit verſprechen.
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[10/0015] Ganz recht, verſetzte Eduard; aber ſelbſt dieſe verſchiedenen Gelegenheiten, dieſe An¬ erbietungen machen ihm neue Qual, neue Un¬ ruhe. Keines von den Verhaͤltniſſen iſt ihm gemaͤß. Er ſoll nicht wirken; er ſoll ſich auf¬ opfern, ſeine Zeit, ſeine Geſinnungen, ſeine Art zu ſeyn, und das iſt ihm unmoͤglich. Jemehr ich das alles betrachte, jemehr ich es fuͤhle, deſto lebhafter wird der Wunſch ihn bey uns zu ſehen. Es iſt recht ſchoͤn und liebenswuͤrdig von dir, verſetzte Charlotte, daß du des Freundes Zuſtand mit ſo viel Theilnahme bedenkſt; al¬ lein erlaube mir dich aufzufordern, auch dei¬ ner, auch unſer zu gedenken. Das habe ich gethan, entgegnete ihr Eduard. Wir koͤnnen von ſeiner Naͤhe uns nur Vortheil und Annehmlichkeit verſprechen. Von dem Aufwande will ich nicht reden, der auf alle Faͤlle gering fuͤr mich wird, wenn er

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/15>, abgerufen am 27.11.2024.