kommen sollte, und sahen wieder in die Fen¬ ster ihrer Wohnung.
Man stieg zur Mooshütte hinunter, und saß zum erstenmal darin zu vieren. Nichts war natürlicher, als daß einstimmig der Wunsch ausgesprochen wurde, dieser heutige Weg, den sie langsam und nicht ohne Be¬ schwerlichkeit gemacht, möchte dergestalt ge¬ führt und eingerichtet werden, daß man ihn gesellig, schlendernd und mit Behaglichkeit zu¬ rücklegen könnte. Jedes that Vorschläge, und man berechnete, daß der Weg, zu welchem sie mehrere Stunden gebraucht hatten, wohl ge¬ bahnt in einer Stunde zum Schloß zurück¬ führen müßte. Schon legte man in Gedan¬ ken, unterhalb der Mühle, wo der Bach in die Teiche fließt, eine Wegverkürzende und die Landschaft zierende Brücke an, als Char¬ lotte der erfindenden Einbildungskraft einigen Stillstand gebot, indem sie an die Kosten er¬
kommen ſollte, und ſahen wieder in die Fen¬ ſter ihrer Wohnung.
Man ſtieg zur Mooshuͤtte hinunter, und ſaß zum erſtenmal darin zu vieren. Nichts war natuͤrlicher, als daß einſtimmig der Wunſch ausgeſprochen wurde, dieſer heutige Weg, den ſie langſam und nicht ohne Be¬ ſchwerlichkeit gemacht, moͤchte dergeſtalt ge¬ fuͤhrt und eingerichtet werden, daß man ihn geſellig, ſchlendernd und mit Behaglichkeit zu¬ ruͤcklegen koͤnnte. Jedes that Vorſchlaͤge, und man berechnete, daß der Weg, zu welchem ſie mehrere Stunden gebraucht hatten, wohl ge¬ bahnt in einer Stunde zum Schloß zuruͤck¬ fuͤhren muͤßte. Schon legte man in Gedan¬ ken, unterhalb der Muͤhle, wo der Bach in die Teiche fließt, eine Wegverkuͤrzende und die Landſchaft zierende Bruͤcke an, als Char¬ lotte der erfindenden Einbildungskraft einigen Stillſtand gebot, indem ſie an die Koſten er¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0140"n="135"/>
kommen ſollte, und ſahen wieder in die Fen¬<lb/>ſter ihrer Wohnung.</p><lb/><p>Man ſtieg zur Mooshuͤtte hinunter, und<lb/>ſaß zum erſtenmal darin zu vieren. Nichts<lb/>
war natuͤrlicher, als daß einſtimmig der<lb/>
Wunſch ausgeſprochen wurde, dieſer heutige<lb/>
Weg, den ſie langſam und nicht ohne Be¬<lb/>ſchwerlichkeit gemacht, moͤchte dergeſtalt ge¬<lb/>
fuͤhrt und eingerichtet werden, daß man ihn<lb/>
geſellig, ſchlendernd und mit Behaglichkeit zu¬<lb/>
ruͤcklegen koͤnnte. Jedes that Vorſchlaͤge, und<lb/>
man berechnete, daß der Weg, zu welchem ſie<lb/>
mehrere Stunden gebraucht hatten, wohl ge¬<lb/>
bahnt in einer Stunde zum Schloß zuruͤck¬<lb/>
fuͤhren muͤßte. Schon legte man in Gedan¬<lb/>
ken, unterhalb der Muͤhle, wo der Bach in<lb/>
die Teiche fließt, eine Wegverkuͤrzende und<lb/>
die Landſchaft zierende Bruͤcke an, als Char¬<lb/>
lotte der erfindenden Einbildungskraft einigen<lb/>
Stillſtand gebot, indem ſie an die Koſten er¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[135/0140]
kommen ſollte, und ſahen wieder in die Fen¬
ſter ihrer Wohnung.
Man ſtieg zur Mooshuͤtte hinunter, und
ſaß zum erſtenmal darin zu vieren. Nichts
war natuͤrlicher, als daß einſtimmig der
Wunſch ausgeſprochen wurde, dieſer heutige
Weg, den ſie langſam und nicht ohne Be¬
ſchwerlichkeit gemacht, moͤchte dergeſtalt ge¬
fuͤhrt und eingerichtet werden, daß man ihn
geſellig, ſchlendernd und mit Behaglichkeit zu¬
ruͤcklegen koͤnnte. Jedes that Vorſchlaͤge, und
man berechnete, daß der Weg, zu welchem ſie
mehrere Stunden gebraucht hatten, wohl ge¬
bahnt in einer Stunde zum Schloß zuruͤck¬
fuͤhren muͤßte. Schon legte man in Gedan¬
ken, unterhalb der Muͤhle, wo der Bach in
die Teiche fließt, eine Wegverkuͤrzende und
die Landſchaft zierende Bruͤcke an, als Char¬
lotte der erfindenden Einbildungskraft einigen
Stillſtand gebot, indem ſie an die Koſten er¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/140>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.