Ordnung eingesehen, ja was noch mehr ist, empfunden. Was sie für alle, für einen Je¬ den insbesondre zu besorgen hatte, begriff sie leicht. Alles geschah pünctlich. Sie wußte anzuordnen, ohne daß sie zu befehlen schien, und wo Jemand säumte, verrichtete sie das Geschäft gleich selbst.
Sobald sie gewahr wurde, wie viel Zeit ihr übrig blieb, bat sie Charlotten ihre Stun¬ den eintheilen zu dürfen, die nun genau be¬ obachtet wurden. Sie arbeitete das Vorge¬ setzte auf eine Art, von der Charlotte durch den Gehülfen unterrichtet war. Man ließ sie gewähren. Nur zuweilen suchte Charlotte sie anzuregen. So schob sie ihr manchmal abgeschriebene Federn unter, um sie auf einen freyeren Zug der Handschrift zu leiten; aber auch diese waren bald wieder scharf geschnitten.
Die Frauenzimmer hatten untereinander festgesetzt, französisch zu reden wenn sie allein
Ordnung eingeſehen, ja was noch mehr iſt, empfunden. Was ſie fuͤr alle, fuͤr einen Je¬ den insbeſondre zu beſorgen hatte, begriff ſie leicht. Alles geſchah puͤnctlich. Sie wußte anzuordnen, ohne daß ſie zu befehlen ſchien, und wo Jemand ſaͤumte, verrichtete ſie das Geſchaͤft gleich ſelbſt.
Sobald ſie gewahr wurde, wie viel Zeit ihr uͤbrig blieb, bat ſie Charlotten ihre Stun¬ den eintheilen zu duͤrfen, die nun genau be¬ obachtet wurden. Sie arbeitete das Vorge¬ ſetzte auf eine Art, von der Charlotte durch den Gehuͤlfen unterrichtet war. Man ließ ſie gewaͤhren. Nur zuweilen ſuchte Charlotte ſie anzuregen. So ſchob ſie ihr manchmal abgeſchriebene Federn unter, um ſie auf einen freyeren Zug der Handſchrift zu leiten; aber auch dieſe waren bald wieder ſcharf geſchnitten.
Die Frauenzimmer hatten untereinander feſtgeſetzt, franzoͤſiſch zu reden wenn ſie allein
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Ordnung eingeſehen, ja was noch mehr iſt,
empfunden. Was ſie fuͤr alle, fuͤr einen Je¬
den insbeſondre zu beſorgen hatte, begriff ſie
leicht. Alles geſchah puͤnctlich. Sie wußte
anzuordnen, ohne daß ſie zu befehlen ſchien,
und wo Jemand ſaͤumte, verrichtete ſie das
Geſchaͤft gleich ſelbſt.
Sobald ſie gewahr wurde, wie viel Zeit
ihr uͤbrig blieb, bat ſie Charlotten ihre Stun¬
den eintheilen zu duͤrfen, die nun genau be¬
obachtet wurden. Sie arbeitete das Vorge¬
ſetzte auf eine Art, von der Charlotte durch
den Gehuͤlfen unterrichtet war. Man ließ
ſie gewaͤhren. Nur zuweilen ſuchte Charlotte
ſie anzuregen. So ſchob ſie ihr manchmal
abgeſchriebene Federn unter, um ſie auf einen
freyeren Zug der Handſchrift zu leiten; aber
auch dieſe waren bald wieder ſcharf geſchnitten.
Die Frauenzimmer hatten untereinander
feſtgeſetzt, franzoͤſiſch zu reden wenn ſie allein
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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/111>, abgerufen am 22.11.2024.
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