Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Torquato Tasso Versank ich vor mir selbst, ich fürchteteWie Echo an den Felsen zu verschwinden, Ein Wiederhall, ein Nichts mich zu verlieren. Prinzessinn. Und schienst noch kurz vorher so rein zu füh- len, Wie Held und Dichter für einander leben, Wie Held und Dichter sich einander suchen, Und keiner je den andern neiden soll? Zwar herrlich ist die liedeswerthe That, Doch schön ist's auch, der Thaten stärkste Fülle Durch würd'ge Lieder auf die Nachwelt brin- gen. Begnüge dich aus einem kleinen Staate, Der dich beschützt, dem wilden Lauf der Welt, Wie von dem Ufer, ruhig zuzusehn. Tasso. Und sah' ich hier mit Staunen nicht zuerst, Wie herrlich man den tapfern Mann belohnt? Als unerfahrner Knabe kam ich her, Torquato Taſſo Verſank ich vor mir ſelbſt, ich fürchteteWie Echo an den Felſen zu verſchwinden, Ein Wiederhall, ein Nichts mich zu verlieren. Prinzeſſinn. Und ſchienſt noch kurz vorher ſo rein zu füh- len, Wie Held und Dichter für einander leben, Wie Held und Dichter ſich einander ſuchen, Und keiner je den andern neiden ſoll? Zwar herrlich iſt die liedeswerthe That, Doch ſchön iſt’s auch, der Thaten ſtärkſte Fülle Durch würd’ge Lieder auf die Nachwelt brin- gen. Begnüge dich aus einem kleinen Staate, Der dich beſchützt, dem wilden Lauf der Welt, Wie von dem Ufer, ruhig zuzuſehn. Taſſo. Und ſah’ ich hier mit Staunen nicht zuerſt, Wie herrlich man den tapfern Mann belohnt? Als unerfahrner Knabe kam ich her, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#TAS"> <p><pb facs="#f0062" n="54"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Torquato Taſſo</hi></fw><lb/> Verſank ich vor mir ſelbſt, ich fürchtete<lb/> Wie Echo an den Felſen zu verſchwinden,<lb/> Ein Wiederhall, ein Nichts mich zu verlieren.</p> </sp><lb/> <sp who="#PRI"> <speaker><hi rendition="#g">Prinzeſſinn</hi>.</speaker><lb/> <p>Und ſchienſt noch kurz vorher ſo rein zu füh-<lb/> len,<lb/> Wie Held und Dichter für einander leben,<lb/> Wie Held und Dichter ſich einander ſuchen,<lb/> Und keiner je den andern neiden ſoll?<lb/> Zwar herrlich iſt die liedeswerthe That,<lb/> Doch ſchön iſt’s auch, der Thaten ſtärkſte Fülle<lb/> Durch würd’ge Lieder auf die Nachwelt brin-<lb/> gen.<lb/> Begnüge dich aus einem kleinen Staate,<lb/> Der dich beſchützt, dem wilden Lauf der Welt,<lb/> Wie von dem Ufer, ruhig zuzuſehn.</p> </sp><lb/> <sp who="#TAS"> <speaker><hi rendition="#g">Taſſo</hi>.</speaker><lb/> <p>Und ſah’ ich hier mit Staunen nicht zuerſt,<lb/> Wie herrlich man den tapfern Mann belohnt?<lb/> Als unerfahrner Knabe kam ich her,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0062]
Torquato Taſſo
Verſank ich vor mir ſelbſt, ich fürchtete
Wie Echo an den Felſen zu verſchwinden,
Ein Wiederhall, ein Nichts mich zu verlieren.
Prinzeſſinn.
Und ſchienſt noch kurz vorher ſo rein zu füh-
len,
Wie Held und Dichter für einander leben,
Wie Held und Dichter ſich einander ſuchen,
Und keiner je den andern neiden ſoll?
Zwar herrlich iſt die liedeswerthe That,
Doch ſchön iſt’s auch, der Thaten ſtärkſte Fülle
Durch würd’ge Lieder auf die Nachwelt brin-
gen.
Begnüge dich aus einem kleinen Staate,
Der dich beſchützt, dem wilden Lauf der Welt,
Wie von dem Ufer, ruhig zuzuſehn.
Taſſo.
Und ſah’ ich hier mit Staunen nicht zuerſt,
Wie herrlich man den tapfern Mann belohnt?
Als unerfahrner Knabe kam ich her,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/62>, abgerufen am 16.02.2025. |