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Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.

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Torquato Tasso
Uns duftend bilden. Erkennst du sie nicht alle
Für holde Früchte einer wahren Liebe?
Leonore.
Ich freue mich der schönen Blätter auch.
Mit mannigfalt'gem Geist verherrlicht er
Ein einzig Bild in allen seinen Reimen.
Bald hebt er es in lichter Glorie
Zum Sternenhimmel auf, beugt sich verehrend
Wie Engel über Wolken vor dem Bilde;
Dann schleicht er ihm durch stille Fluren nach
Und jede Blume windet er zum Kranz.
Entfernt sich die Verehrte, heiligt er
Den Pfad, den leis' ihr schöner Fuß betrat.
Versteckt im Busche, gleich der Nachtigall,
Füllt er aus einem liebekranken Busen
Mit seiner Klagen Wohllaut Hain und Luft:
Sein reitzend Leid, die sel'ge Schwermuth lockt
Ein jedes Ohr und jedes Herz muß nach --
Prinzessinn.
Und wenn er seinen Gegenstand benennt,
So gibt er ihm den Namen Leonore.
Torquato Taſſo
Uns duftend bilden. Erkennſt du ſie nicht alle
Für holde Früchte einer wahren Liebe?
Leonore.
Ich freue mich der ſchönen Blätter auch.
Mit mannigfalt’gem Geiſt verherrlicht er
Ein einzig Bild in allen ſeinen Reimen.
Bald hebt er es in lichter Glorie
Zum Sternenhimmel auf, beugt ſich verehrend
Wie Engel über Wolken vor dem Bilde;
Dann ſchleicht er ihm durch ſtille Fluren nach
Und jede Blume windet er zum Kranz.
Entfernt ſich die Verehrte, heiligt er
Den Pfad, den leiſ’ ihr ſchöner Fuß betrat.
Verſteckt im Buſche, gleich der Nachtigall,
Füllt er aus einem liebekranken Buſen
Mit ſeiner Klagen Wohllaut Hain und Luft:
Sein reitzend Leid, die ſel’ge Schwermuth lockt
Ein jedes Ohr und jedes Herz muß nach —
Prinzeſſinn.
Und wenn er ſeinen Gegenſtand benennt,
So gibt er ihm den Namen Leonore.
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[14/0022] Torquato Taſſo Uns duftend bilden. Erkennſt du ſie nicht alle Für holde Früchte einer wahren Liebe? Leonore. Ich freue mich der ſchönen Blätter auch. Mit mannigfalt’gem Geiſt verherrlicht er Ein einzig Bild in allen ſeinen Reimen. Bald hebt er es in lichter Glorie Zum Sternenhimmel auf, beugt ſich verehrend Wie Engel über Wolken vor dem Bilde; Dann ſchleicht er ihm durch ſtille Fluren nach Und jede Blume windet er zum Kranz. Entfernt ſich die Verehrte, heiligt er Den Pfad, den leiſ’ ihr ſchöner Fuß betrat. Verſteckt im Buſche, gleich der Nachtigall, Füllt er aus einem liebekranken Buſen Mit ſeiner Klagen Wohllaut Hain und Luft: Sein reitzend Leid, die ſel’ge Schwermuth lockt Ein jedes Ohr und jedes Herz muß nach — Prinzeſſinn. Und wenn er ſeinen Gegenſtand benennt, So gibt er ihm den Namen Leonore.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/22>, abgerufen am 28.03.2024.