Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Torquato Tasso Doch konnte mir die Schmeicheley nicht lang'Den falschen Sinn verbergen; an der Stirne Schien ihr das Gegentheil zu klar geschrieben Von allem was sie sprach. Ich fühl' es leicht, Wenn man den Weg zu meinem Herzen sucht Und es nicht herzlich meint. Ich soll hinweg? Soll nach Florenz, sobald ich immer kann? Und warum nach Florenz? Ich seh' es wohl. Dort herrscht der Mediceer neues Haus, Zwar nicht in offner Feindschaft mit Ferrara, Doch hält der stille Neid mit kalter Hand, Die edelsten Gemüther aus einander. Empfang' ich dort von jenen edlen Fürsten Erhabne Zeichen ihrer Gunst, wie ich Gewiß erwarten dürfte, würde bald Der Höfling meine Treu' und Dankbarkeit Verdächtig machen. Leicht geläng' es ihm. Ja, ich will weg, allein nicht wie ihr wollt; Ich will hinweg, und weiter als ihr denkt. Torquato Taſſo Doch konnte mir die Schmeicheley nicht lang’Den falſchen Sinn verbergen; an der Stirne Schien ihr das Gegentheil zu klar geſchrieben Von allem was ſie ſprach. Ich fühl’ es leicht, Wenn man den Weg zu meinem Herzen ſucht Und es nicht herzlich meint. Ich ſoll hinweg? Soll nach Florenz, ſobald ich immer kann? Und warum nach Florenz? Ich ſeh’ es wohl. Dort herrſcht der Mediceer neues Haus, Zwar nicht in offner Feindſchaft mit Ferrara, Doch hält der ſtille Neid mit kalter Hand, Die edelſten Gemüther aus einander. Empfang’ ich dort von jenen edlen Fürſten Erhabne Zeichen ihrer Gunſt, wie ich Gewiß erwarten dürfte, würde bald Der Höfling meine Treu’ und Dankbarkeit Verdächtig machen. Leicht geläng’ es ihm. Ja, ich will weg, allein nicht wie ihr wollt; Ich will hinweg, und weiter als ihr denkt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#TAS"> <p><pb facs="#f0170" n="162"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Torquato Taſſo</hi></fw><lb/> Doch konnte mir die Schmeicheley nicht lang’<lb/> Den falſchen Sinn verbergen; an der Stirne<lb/> Schien ihr das Gegentheil zu klar geſchrieben<lb/> Von allem was ſie ſprach. Ich fühl’ es leicht,<lb/> Wenn man den Weg zu meinem Herzen ſucht<lb/> Und es nicht herzlich meint. Ich ſoll hinweg?<lb/> Soll nach Florenz, ſobald ich immer kann?</p><lb/> <p>Und warum nach Florenz? Ich ſeh’ es<lb/> wohl.<lb/> Dort herrſcht der Mediceer neues Haus,<lb/> Zwar nicht in offner Feindſchaft mit Ferrara,<lb/> Doch hält der ſtille Neid mit kalter Hand,<lb/> Die edelſten Gemüther aus einander.<lb/> Empfang’ ich dort von jenen edlen Fürſten<lb/> Erhabne Zeichen ihrer Gunſt, wie ich<lb/> Gewiß erwarten dürfte, würde bald<lb/> Der Höfling meine Treu’ und Dankbarkeit<lb/> Verdächtig machen. Leicht geläng’ es ihm.</p><lb/> <p>Ja, ich will weg, allein nicht wie ihr wollt;<lb/> Ich will hinweg, und weiter als ihr denkt.</p><lb/> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [162/0170]
Torquato Taſſo
Doch konnte mir die Schmeicheley nicht lang’
Den falſchen Sinn verbergen; an der Stirne
Schien ihr das Gegentheil zu klar geſchrieben
Von allem was ſie ſprach. Ich fühl’ es leicht,
Wenn man den Weg zu meinem Herzen ſucht
Und es nicht herzlich meint. Ich ſoll hinweg?
Soll nach Florenz, ſobald ich immer kann?
Und warum nach Florenz? Ich ſeh’ es
wohl.
Dort herrſcht der Mediceer neues Haus,
Zwar nicht in offner Feindſchaft mit Ferrara,
Doch hält der ſtille Neid mit kalter Hand,
Die edelſten Gemüther aus einander.
Empfang’ ich dort von jenen edlen Fürſten
Erhabne Zeichen ihrer Gunſt, wie ich
Gewiß erwarten dürfte, würde bald
Der Höfling meine Treu’ und Dankbarkeit
Verdächtig machen. Leicht geläng’ es ihm.
Ja, ich will weg, allein nicht wie ihr wollt;
Ich will hinweg, und weiter als ihr denkt.
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