Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Torquato Tasso Du bist noch schön, noch glücklich, wenn schonlange Der Kreis der Dinge dich mit fortgerissen. Du mußt ihn haben, und ihr nimmst du nichts: Denn ihre Neigung zu dem werthen Manne Ist ihren andern Leidenschaften gleich. Sie leuchten, wie der stille Schein des Monds Dem Wandrer spärlich auf dem Pfad zu Nacht; Sie wärmen nicht, und gießen keine Lust Noch Lebensfreud' umher. Sie wird sich freuen, Wenn sie ihn fern, wenn sie ihn glücklich weiß, Wie sie genoß, wenn sie ihn täglich sah. Und dann, ich will mit meinem Freunde nicht Von ihr und diesem Hofe mich verbannen; Ich komme wieder, und ich bring' ihn wieder. So soll es seyn! -- Hier kommt der rauhe Freund; Wir wollen sehn, ob wir ihn zähmen können. Torquato Taſſo Du biſt noch ſchön, noch glücklich, wenn ſchonlange Der Kreis der Dinge dich mit fortgeriſſen. Du mußt ihn haben, und ihr nimmſt du nichts: Denn ihre Neigung zu dem werthen Manne Iſt ihren andern Leidenſchaften gleich. Sie leuchten, wie der ſtille Schein des Monds Dem Wandrer ſpärlich auf dem Pfad zu Nacht; Sie wärmen nicht, und gießen keine Luſt Noch Lebensfreud’ umher. Sie wird ſich freuen, Wenn ſie ihn fern, wenn ſie ihn glücklich weiß, Wie ſie genoß, wenn ſie ihn täglich ſah. Und dann, ich will mit meinem Freunde nicht Von ihr und dieſem Hofe mich verbannen; Ich komme wieder, und ich bring’ ihn wieder. So ſoll es ſeyn! — Hier kommt der rauhe Freund; Wir wollen ſehn, ob wir ihn zähmen können. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#LEO"> <p><pb facs="#f0134" n="126"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Torquato Taſſo</hi></fw><lb/> Du biſt noch ſchön, noch glücklich, wenn ſchon<lb/> lange<lb/> Der Kreis der Dinge dich mit fortgeriſſen.<lb/> Du mußt ihn haben, und ihr nimmſt du nichts:<lb/> Denn ihre Neigung zu dem werthen Manne<lb/> Iſt ihren andern Leidenſchaften gleich.<lb/> Sie leuchten, wie der ſtille Schein des Monds<lb/> Dem Wandrer ſpärlich auf dem Pfad zu<lb/> Nacht;<lb/> Sie wärmen nicht, und gießen keine Luſt<lb/> Noch Lebensfreud’ umher. Sie wird ſich<lb/> freuen,<lb/> Wenn ſie ihn fern, wenn ſie ihn glücklich weiß,<lb/> Wie ſie genoß, wenn ſie ihn täglich ſah.<lb/> Und dann, ich will mit meinem Freunde nicht<lb/> Von ihr und dieſem Hofe mich verbannen;<lb/> Ich komme wieder, und ich bring’ ihn wieder.<lb/> So ſoll es ſeyn! — Hier kommt der rauhe<lb/> Freund;<lb/> Wir wollen ſehn, ob wir ihn zähmen können.</p> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0134]
Torquato Taſſo
Du biſt noch ſchön, noch glücklich, wenn ſchon
lange
Der Kreis der Dinge dich mit fortgeriſſen.
Du mußt ihn haben, und ihr nimmſt du nichts:
Denn ihre Neigung zu dem werthen Manne
Iſt ihren andern Leidenſchaften gleich.
Sie leuchten, wie der ſtille Schein des Monds
Dem Wandrer ſpärlich auf dem Pfad zu
Nacht;
Sie wärmen nicht, und gießen keine Luſt
Noch Lebensfreud’ umher. Sie wird ſich
freuen,
Wenn ſie ihn fern, wenn ſie ihn glücklich weiß,
Wie ſie genoß, wenn ſie ihn täglich ſah.
Und dann, ich will mit meinem Freunde nicht
Von ihr und dieſem Hofe mich verbannen;
Ich komme wieder, und ich bring’ ihn wieder.
So ſoll es ſeyn! — Hier kommt der rauhe
Freund;
Wir wollen ſehn, ob wir ihn zähmen können.
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