Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Ein Schauspiel. Prinzessinn. Was mir bleibt? Geduld, Eleonore! üben konnt' ich die Von Jugend auf. Wenn Freunde, wenn Geschwister Bey Fest und Spiel gesellig sich erfreuten, Hielt Krankheit mich auf meinem Zimmer fest, Und in. Gesellschaft mancher Leiden mußt' Ich früh entbehren lernen. Eines war, Was in der Einsamkeit mich schön ergetzte, Die Freude des Gesangs; ich unterhielt Mich mit mir selbst, ich wiegte Schmerz und Sehnsucht Und jeden Wunsch mit leisen Tönen ein. Da wurde Leiden oft Genuß, und selbst Das traurige Gefühl zur Harmonie. Nicht lang' war mir dieß Glück gegönnt, auch dieses Nahm mir der Arzt hinweg; sein streng Ge- both Hieß mich verstummen; leben sollt' ich, leiden, Den einz'gen kleinen Trost sollt' ich entbehren. Ein Schauſpiel. Prinzeſſinn. Was mir bleibt? Geduld, Eleonore! üben konnt’ ich die Von Jugend auf. Wenn Freunde, wenn Geſchwiſter Bey Feſt und Spiel geſellig ſich erfreuten, Hielt Krankheit mich auf meinem Zimmer feſt, Und in. Geſellſchaft mancher Leiden mußt’ Ich früh entbehren lernen. Eines war, Was in der Einſamkeit mich ſchön ergetzte, Die Freude des Geſangs; ich unterhielt Mich mit mir ſelbſt, ich wiegte Schmerz und Sehnſucht Und jeden Wunſch mit leiſen Tönen ein. Da wurde Leiden oft Genuß, und ſelbſt Das traurige Gefühl zur Harmonie. Nicht lang’ war mir dieß Glück gegönnt, auch dieſes Nahm mir der Arzt hinweg; ſein ſtreng Ge- both Hieß mich verſtummen; leben ſollt’ ich, leiden, Den einz’gen kleinen Troſt ſollt’ ich entbehren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0125" n="117"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel</hi>.</fw><lb/> <sp who="#PRI"> <speaker><hi rendition="#g">Prinzeſſinn</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Was mir bleibt?</hi><lb/> Geduld, Eleonore! üben konnt’ ich die<lb/> Von Jugend auf. Wenn Freunde, wenn<lb/> Geſchwiſter<lb/> Bey Feſt und Spiel geſellig ſich erfreuten,<lb/> Hielt Krankheit mich auf meinem Zimmer feſt,<lb/> Und in. Geſellſchaft mancher Leiden mußt’<lb/> Ich früh entbehren lernen. Eines war,<lb/> Was in der Einſamkeit mich ſchön ergetzte,<lb/> Die Freude des Geſangs; ich unterhielt<lb/> Mich mit mir ſelbſt, ich wiegte Schmerz und<lb/> Sehnſucht<lb/> Und jeden Wunſch mit leiſen Tönen ein.<lb/> Da wurde Leiden oft Genuß, und ſelbſt<lb/> Das traurige Gefühl zur Harmonie.<lb/> Nicht lang’ war mir dieß Glück gegönnt, auch<lb/> dieſes<lb/> Nahm mir der Arzt hinweg; ſein ſtreng Ge-<lb/> both<lb/> Hieß mich verſtummen; leben ſollt’ ich, leiden,<lb/> Den einz’gen kleinen Troſt ſollt’ ich entbehren.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [117/0125]
Ein Schauſpiel.
Prinzeſſinn.
Was mir bleibt?
Geduld, Eleonore! üben konnt’ ich die
Von Jugend auf. Wenn Freunde, wenn
Geſchwiſter
Bey Feſt und Spiel geſellig ſich erfreuten,
Hielt Krankheit mich auf meinem Zimmer feſt,
Und in. Geſellſchaft mancher Leiden mußt’
Ich früh entbehren lernen. Eines war,
Was in der Einſamkeit mich ſchön ergetzte,
Die Freude des Geſangs; ich unterhielt
Mich mit mir ſelbſt, ich wiegte Schmerz und
Sehnſucht
Und jeden Wunſch mit leiſen Tönen ein.
Da wurde Leiden oft Genuß, und ſelbſt
Das traurige Gefühl zur Harmonie.
Nicht lang’ war mir dieß Glück gegönnt, auch
dieſes
Nahm mir der Arzt hinweg; ſein ſtreng Ge-
both
Hieß mich verſtummen; leben ſollt’ ich, leiden,
Den einz’gen kleinen Troſt ſollt’ ich entbehren.
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