Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Torquato Tasso Da blinkt kein Schwert, da fällt kein dro-hend Wort, Da fordert selbst Beleid'gung keine Rache. Es bleibt das weite Feld ein offner Raum Für Grimm und Unversöhnlichkeit genug. Dort wird kein Feiger drohn, kein Mann wird fliehn. Hier diese Mauern haben deine Väter Auf Sicherheit gegründet, ihrer Würde Ein Heiligthum befestigt, diese Ruhe Mit schweren Strafen ernst und klug erhalten; Verbannung, Kerker, Tod ergriff den Schul- digen. Da war kein Ansehn der Person, es hielt Die Milde nicht den Arm des Rechts zurück; Und selbst der Frevler fühlte sich geschreckt. Nun sehen wir nach langem schönem Frieden In das Gebieth der Sitten rohe Wuth Im Taumel wiederkehren. Herr, entscheide, Bestrafe! denn wer kann in seiner Pflicht Beschränkten Gränzen wandeln, schützet ihn Nicht das Gesetz und seines Fürsten Kraft? Torquato Taſſo Da blinkt kein Schwert, da fällt kein dro-hend Wort, Da fordert ſelbſt Beleid’gung keine Rache. Es bleibt das weite Feld ein offner Raum Für Grimm und Unverſöhnlichkeit genug. Dort wird kein Feiger drohn, kein Mann wird fliehn. Hier dieſe Mauern haben deine Väter Auf Sicherheit gegründet, ihrer Würde Ein Heiligthum befeſtigt, dieſe Ruhe Mit ſchweren Strafen ernſt und klug erhalten; Verbannung, Kerker, Tod ergriff den Schul- digen. Da war kein Anſehn der Perſon, es hielt Die Milde nicht den Arm des Rechts zurück; Und ſelbſt der Frevler fühlte ſich geſchreckt. Nun ſehen wir nach langem ſchönem Frieden In das Gebieth der Sitten rohe Wuth Im Taumel wiederkehren. Herr, entſcheide, Beſtrafe! denn wer kann in ſeiner Pflicht Beſchränkten Gränzen wandeln, ſchützet ihn Nicht das Geſetz und ſeines Fürſten Kraft? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#ANT"> <p><pb facs="#f0106" n="98"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Torquato Taſſo</hi></fw><lb/> Da blinkt kein Schwert, da fällt kein dro-<lb/> hend Wort,<lb/> Da fordert ſelbſt Beleid’gung keine Rache.<lb/> Es bleibt das weite Feld ein offner Raum<lb/> Für Grimm und Unverſöhnlichkeit genug.<lb/> Dort wird kein Feiger drohn, kein Mann<lb/> wird fliehn.<lb/> Hier dieſe Mauern haben deine Väter<lb/> Auf Sicherheit gegründet, ihrer Würde<lb/> Ein Heiligthum befeſtigt, dieſe Ruhe<lb/> Mit ſchweren Strafen ernſt und klug erhalten;<lb/> Verbannung, Kerker, Tod ergriff den Schul-<lb/> digen.<lb/> Da war kein Anſehn der Perſon, es hielt<lb/> Die Milde nicht den Arm des Rechts zurück;<lb/> Und ſelbſt der Frevler fühlte ſich geſchreckt.<lb/> Nun ſehen wir nach langem ſchönem Frieden<lb/> In das Gebieth der Sitten rohe Wuth<lb/> Im Taumel wiederkehren. Herr, entſcheide,<lb/> Beſtrafe! denn wer kann in ſeiner Pflicht<lb/> Beſchränkten Gränzen wandeln, ſchützet ihn<lb/> Nicht das Geſetz und ſeines Fürſten Kraft?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0106]
Torquato Taſſo
Da blinkt kein Schwert, da fällt kein dro-
hend Wort,
Da fordert ſelbſt Beleid’gung keine Rache.
Es bleibt das weite Feld ein offner Raum
Für Grimm und Unverſöhnlichkeit genug.
Dort wird kein Feiger drohn, kein Mann
wird fliehn.
Hier dieſe Mauern haben deine Väter
Auf Sicherheit gegründet, ihrer Würde
Ein Heiligthum befeſtigt, dieſe Ruhe
Mit ſchweren Strafen ernſt und klug erhalten;
Verbannung, Kerker, Tod ergriff den Schul-
digen.
Da war kein Anſehn der Perſon, es hielt
Die Milde nicht den Arm des Rechts zurück;
Und ſelbſt der Frevler fühlte ſich geſchreckt.
Nun ſehen wir nach langem ſchönem Frieden
In das Gebieth der Sitten rohe Wuth
Im Taumel wiederkehren. Herr, entſcheide,
Beſtrafe! denn wer kann in ſeiner Pflicht
Beſchränkten Gränzen wandeln, ſchützet ihn
Nicht das Geſetz und ſeines Fürſten Kraft?
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