Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2).

Bild:
<< vorherige Seite

Meine Frau sich und trat ihm ans Kinn, ob
   irgend der Athem

Einiges Leben verrieth', allein sie lauschte ver-
   gebens;

Beyde hätten wir drauf geschworen. Nun hö-
   ret das Unglück.

Wie sie nun traurig und ohne Besorgniß
   dem Munde des Schelmen

Ihren Schnabel näher gebracht, bemerkt' es
   der Unhold,

Schnappte grimmig nach ihr und riß das
   Haupt ihr herunter.

Wie ich erschrack, das will ich nicht sagen:
   O weh mir! o weh mir!

Schrie ich und rief. Da schoß er hervor und
   schnappte mit einmal

Auch nach mir, da fuhr ich zusammen und
   eilte zu fliehen.

Meine Frau sich und trat ihm ans Kinn, ob
   irgend der Athem

Einiges Leben verrieth', allein sie lauschte ver-
   gebens;

Beyde haͤtten wir drauf geschworen. Nun hoͤ-
   ret das Ungluͤck.

Wie sie nun traurig und ohne Besorgniß
   dem Munde des Schelmen

Ihren Schnabel naͤher gebracht, bemerkt' es
   der Unhold,

Schnappte grimmig nach ihr und riß das
   Haupt ihr herunter.

Wie ich erschrack, das will ich nicht sagen:
   O weh mir! o weh mir!

Schrie ich und rief. Da schoß er hervor und
   schnappte mit einmal

Auch nach mir, da fuhr ich zusammen und
   eilte zu fliehen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="poem">
          <lg type="poem">
            <lg n="5">
              <pb facs="#f0254" n="246"/>
              <l>Meine Frau sich und trat ihm ans Kinn, ob<lb/><space dim="horizontal"/>irgend der Athem</l><lb/>
              <l>Einiges Leben verrieth', allein sie lauschte ver-<lb/><space dim="horizontal"/>gebens;</l><lb/>
              <l>Beyde ha&#x0364;tten wir drauf geschworen. Nun ho&#x0364;-<lb/><space dim="horizontal"/>ret das Unglu&#x0364;ck.</l><lb/>
            </lg>
            <lg n="6">
              <l>Wie sie nun traurig und ohne Besorgniß<lb/><space dim="horizontal"/>dem Munde des Schelmen</l><lb/>
              <l>Ihren Schnabel na&#x0364;her gebracht, bemerkt' es<lb/><space dim="horizontal"/>der Unhold,</l><lb/>
              <l>Schnappte grimmig nach ihr und riß das<lb/><space dim="horizontal"/>Haupt ihr herunter.</l><lb/>
              <l>Wie ich erschrack, das will ich nicht sagen:<lb/><space dim="horizontal"/>O weh mir! o weh mir!</l><lb/>
              <l>Schrie ich und rief. Da schoß er hervor und<lb/><space dim="horizontal"/>schnappte mit einmal</l><lb/>
              <l>Auch nach mir, da fuhr ich zusammen und<lb/><space dim="horizontal"/>eilte zu fliehen.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[246/0254] Meine Frau sich und trat ihm ans Kinn, ob irgend der Athem Einiges Leben verrieth', allein sie lauschte ver- gebens; Beyde haͤtten wir drauf geschworen. Nun hoͤ- ret das Ungluͤck. Wie sie nun traurig und ohne Besorgniß dem Munde des Schelmen Ihren Schnabel naͤher gebracht, bemerkt' es der Unhold, Schnappte grimmig nach ihr und riß das Haupt ihr herunter. Wie ich erschrack, das will ich nicht sagen: O weh mir! o weh mir! Schrie ich und rief. Da schoß er hervor und schnappte mit einmal Auch nach mir, da fuhr ich zusammen und eilte zu fliehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Friedrich von Fuchs, Reineke-Fuchs-Sammlung: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-09-02T14:50:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-09-02T14:50:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/254
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2), S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/254>, abgerufen am 23.11.2024.