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Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2).

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Ungeduldig befragte die Königinn Reine-
   ken weiter:

Lasset uns deutlich vernehmen, wie diese Sa-
   che beschaffen?

Saget die Wahrheit, bedenkt das Gewissen,
   entladet die Seele.

Reinecke sagte darauf: Ich will euch gerne be-
   richten.

Sterben muß ich nun wohl; es ist kein Mit-
   tel dagegen.

Sollt' ich meine Seele beladen am Ende des
   Lebens,

Ewige Strafe verwirken; es wäre thörigt ge-
   handelt.

Besser ist es, daß ich bekenne, und muß ich
   dann leider

Meine lieben Verwandten und meine Freunde
   verklagen.

Ach, was kann ich dafür! Es drohen die
   Quaalen der Hölle.

Ungeduldig befragte die Koͤniginn Reine-
   ken weiter:

Lasset uns deutlich vernehmen, wie diese Sa-
   che beschaffen?

Saget die Wahrheit, bedenkt das Gewissen,
   entladet die Seele.

Reinecke sagte darauf: Ich will euch gerne be-
   richten.

Sterben muß ich nun wohl; es ist kein Mit-
   tel dagegen.

Sollt' ich meine Seele beladen am Ende des
   Lebens,

Ewige Strafe verwirken; es waͤre thoͤrigt ge-
   handelt.

Besser ist es, daß ich bekenne, und muß ich
   dann leider

Meine lieben Verwandten und meine Freunde
   verklagen.

Ach, was kann ich dafuͤr! Es drohen die
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[151/0159] Ungeduldig befragte die Koͤniginn Reine- ken weiter: Lasset uns deutlich vernehmen, wie diese Sa- che beschaffen? Saget die Wahrheit, bedenkt das Gewissen, entladet die Seele. Reinecke sagte darauf: Ich will euch gerne be- richten. Sterben muß ich nun wohl; es ist kein Mit- tel dagegen. Sollt' ich meine Seele beladen am Ende des Lebens, Ewige Strafe verwirken; es waͤre thoͤrigt ge- handelt. Besser ist es, daß ich bekenne, und muß ich dann leider Meine lieben Verwandten und meine Freunde verklagen. Ach, was kann ich dafuͤr! Es drohen die Quaalen der Hoͤlle.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2), S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/159>, abgerufen am 05.05.2024.