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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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eben die Augen waren es, die mich ihm voll¬
kommen ähnlich machten. Aber nicht eben
den Muth, nicht eben den Ausdruck behielt
er in der Gegenwart meiner Mutter, er ent¬
schuldigte mich gelind, wenn sie mich heftig
und ungerecht tadelte; er nahm sich meiner
an, nicht als wenn er mich beschützen, son¬
dern als wenn er meine guten Eigenschaften
nur entschuldigen könnte. So setzte er auch
keiner ihrer Neigungen Hindernisse entgegen;
sie fing an mit größter Leidenschaft sich auf
das Schauspiel zu werfen, ein Theater ward
erbauet, an Männern fehlte es nicht von
allen Altern und Gestalten, die sich mit ihr
auf der Bühne darstellten, an Frauen hin¬
gegen mangelte es oft. Lydie, ein artiges
Mädchen, das mit mir erzogen worden war,
und das gleich in ihrer ersten Jugend reizend
zu werden versprach, mußte die zweyten
Rollen übernehmen, und eine alte Kammer¬

eben die Augen waren es, die mich ihm voll¬
kommen ähnlich machten. Aber nicht eben
den Muth, nicht eben den Ausdruck behielt
er in der Gegenwart meiner Mutter, er ent¬
ſchuldigte mich gelind, wenn ſie mich heftig
und ungerecht tadelte; er nahm ſich meiner
an, nicht als wenn er mich beſchützen, ſon¬
dern als wenn er meine guten Eigenſchaften
nur entſchuldigen könnte. So ſetzte er auch
keiner ihrer Neigungen Hinderniſſe entgegen;
ſie fing an mit größter Leidenſchaft ſich auf
das Schauſpiel zu werfen, ein Theater ward
erbauet, an Männern fehlte es nicht von
allen Altern und Geſtalten, die ſich mit ihr
auf der Bühne darſtellten, an Frauen hin¬
gegen mangelte es oft. Lydie, ein artiges
Mädchen, das mit mir erzogen worden war,
und das gleich in ihrer erſten Jugend reizend
zu werden verſprach, mußte die zweyten
Rollen übernehmen, und eine alte Kammer¬

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[78/0082] eben die Augen waren es, die mich ihm voll¬ kommen ähnlich machten. Aber nicht eben den Muth, nicht eben den Ausdruck behielt er in der Gegenwart meiner Mutter, er ent¬ ſchuldigte mich gelind, wenn ſie mich heftig und ungerecht tadelte; er nahm ſich meiner an, nicht als wenn er mich beſchützen, ſon¬ dern als wenn er meine guten Eigenſchaften nur entſchuldigen könnte. So ſetzte er auch keiner ihrer Neigungen Hinderniſſe entgegen; ſie fing an mit größter Leidenſchaft ſich auf das Schauſpiel zu werfen, ein Theater ward erbauet, an Männern fehlte es nicht von allen Altern und Geſtalten, die ſich mit ihr auf der Bühne darſtellten, an Frauen hin¬ gegen mangelte es oft. Lydie, ein artiges Mädchen, das mit mir erzogen worden war, und das gleich in ihrer erſten Jugend reizend zu werden verſprach, mußte die zweyten Rollen übernehmen, und eine alte Kammer¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/82>, abgerufen am 23.11.2024.