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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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herüber, kommt herüber! wir müssen sie se¬
hen und uns freuen.

Lothario umarmte seinen Freund und
führte ihn zu der Schwester, sie kam mit
Theresen ihnen entgegen, alles schwieg.

Nicht gezaudert, rief Friedrich, in zwey
Tagen könnt ihr reisefertig seyn. Wie meint
ihr Freund, fuhr er fort, indem er sich zu
Wilhelmen wendete, als wir Bekanntschaft
machten, als ich euch den schönen Strauß
abforderte, wer konnte denken, daß ihr je¬
mals eine solche Blume aus meiner Hand
empfangen würdet?

Erinnern Sie mich nicht in diesem Augen¬
blicke des höchsten Glückes an jene Zeiten!

Deren ihr euch nicht schämen sollet, so
wenig man sich seiner Abkunft zu schämen
hat. Die Zeiten waren gut, und ich muß
lachen, wenn ich dich ansehe, du kommst mir
vor wie Saul, der Sohn Kis, der ausging

herüber, kommt herüber! wir müſſen ſie ſe¬
hen und uns freuen.

Lothario umarmte ſeinen Freund und
führte ihn zu der Schweſter, ſie kam mit
Thereſen ihnen entgegen, alles ſchwieg.

Nicht gezaudert, rief Friedrich, in zwey
Tagen könnt ihr reiſefertig ſeyn. Wie meint
ihr Freund, fuhr er fort, indem er ſich zu
Wilhelmen wendete, als wir Bekanntſchaft
machten, als ich euch den ſchönen Strauß
abforderte, wer konnte denken, daß ihr je¬
mals eine ſolche Blume aus meiner Hand
empfangen würdet?

Erinnern Sie mich nicht in dieſem Augen¬
blicke des höchſten Glückes an jene Zeiten!

Deren ihr euch nicht ſchämen ſollet, ſo
wenig man ſich ſeiner Abkunft zu ſchämen
hat. Die Zeiten waren gut, und ich muß
lachen, wenn ich dich anſehe, du kommſt mir
vor wie Saul, der Sohn Kis, der ausging

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[506/0510] herüber, kommt herüber! wir müſſen ſie ſe¬ hen und uns freuen. Lothario umarmte ſeinen Freund und führte ihn zu der Schweſter, ſie kam mit Thereſen ihnen entgegen, alles ſchwieg. Nicht gezaudert, rief Friedrich, in zwey Tagen könnt ihr reiſefertig ſeyn. Wie meint ihr Freund, fuhr er fort, indem er ſich zu Wilhelmen wendete, als wir Bekanntſchaft machten, als ich euch den ſchönen Strauß abforderte, wer konnte denken, daß ihr je¬ mals eine ſolche Blume aus meiner Hand empfangen würdet? Erinnern Sie mich nicht in dieſem Augen¬ blicke des höchſten Glückes an jene Zeiten! Deren ihr euch nicht ſchämen ſollet, ſo wenig man ſich ſeiner Abkunft zu ſchämen hat. Die Zeiten waren gut, und ich muß lachen, wenn ich dich anſehe, du kommſt mir vor wie Saul, der Sohn Kis, der ausging

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/510>, abgerufen am 23.11.2024.