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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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Sie uns nur immer recht deutlich sehen und
fest halten, was an uns ist, und was wir
an uns ausbilden können; lassen Sie uns
gegen die andern gerecht seyn, denn wir
sind nur in so fern zu achten, als wir zu
schätzen wissen. -- Um Gottes willen! keine
Sentenzen weiter! ich fühle sie sind ein
schlechtes Heilmittel für ein verwundetes
Herz. Sagen Sie mir lieber mit Ihrer
grausamen Bestimmtheit, was Sie von mir
erwarten, und wie und auf welche Weise
Sie mich aufopfern wollen. -- Jeden Ver¬
dacht, ich versichere Sie, werden Sie uns
künftig abbitten. Es ist Ihre Sache zu prü¬
fen und zu wählen, und die unsere Ihnen
beyzustehn. -- Der Mensch ist nicht glück¬
lich, als bis sein unbedingtes Streben sich
selbst seine Begränzung bestimmt. Nicht an
mich halten Sie sich, sondern an den Abbe,
nicht an sich denken Sie, sondern an das,

Sie uns nur immer recht deutlich ſehen und
feſt halten, was an uns iſt, und was wir
an uns ausbilden können; laſſen Sie uns
gegen die andern gerecht ſeyn, denn wir
ſind nur in ſo fern zu achten, als wir zu
ſchätzen wiſſen. — Um Gottes willen! keine
Sentenzen weiter! ich fühle ſie ſind ein
ſchlechtes Heilmittel für ein verwundetes
Herz. Sagen Sie mir lieber mit Ihrer
grauſamen Beſtimmtheit, was Sie von mir
erwarten, und wie und auf welche Weiſe
Sie mich aufopfern wollen. — Jeden Ver¬
dacht, ich verſichere Sie, werden Sie uns
künftig abbitten. Es iſt Ihre Sache zu prü¬
fen und zu wählen, und die unſere Ihnen
beyzuſtehn. — Der Menſch iſt nicht glück¬
lich, als bis ſein unbedingtes Streben ſich
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[357/0361] Sie uns nur immer recht deutlich ſehen und feſt halten, was an uns iſt, und was wir an uns ausbilden können; laſſen Sie uns gegen die andern gerecht ſeyn, denn wir ſind nur in ſo fern zu achten, als wir zu ſchätzen wiſſen. — Um Gottes willen! keine Sentenzen weiter! ich fühle ſie ſind ein ſchlechtes Heilmittel für ein verwundetes Herz. Sagen Sie mir lieber mit Ihrer grauſamen Beſtimmtheit, was Sie von mir erwarten, und wie und auf welche Weiſe Sie mich aufopfern wollen. — Jeden Ver¬ dacht, ich verſichere Sie, werden Sie uns künftig abbitten. Es iſt Ihre Sache zu prü¬ fen und zu wählen, und die unſere Ihnen beyzuſtehn. — Der Menſch iſt nicht glück¬ lich, als bis ſein unbedingtes Streben ſich ſelbſt ſeine Begränzung beſtimmt. Nicht an mich halten Sie ſich, ſondern an den Abbé, nicht an ſich denken Sie, ſondern an das,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/361>, abgerufen am 22.11.2024.