das wenigste verstehn, man eröfnet uns: daß wir bisher Lehrlinge waren, man spricht uns los, und wir sind so klug wie vorher. -- Haben Sie das Pergament nicht bey der Hand? fragte Jarno, es enthält viel Gu¬ tes; denn jene allgemeinen Sprüche sind nicht aus der Luft gegriffen, freylich scheinen sie demjenigen leer und dunkel, der sich kei¬ ner Erfahrung dabey erinnert. Geben Sie mir den sogenannten Lehrbrief doch, wenn er in der Nähe ist. -- Gewiß ganz nah, versetzte Wilhelm, so ein Amulet sollte man immer auf der Brust tragen. -- Nun, sagte Jarno lächelnd: wer weiß ob der Inhalt nicht einmal in Ihrem Kopf und Herzen Platz findet.
Jarno blickte hinein, und überlief die erste Hälfte mit den Augen. Diese, sagte er, bezieht sich auf die Ausbildung des Kunstsinnes, wovon andere sprechen mögen;
das wenigſte verſtehn, man eröfnet uns: daß wir bisher Lehrlinge waren, man ſpricht uns los, und wir ſind ſo klug wie vorher. — Haben Sie das Pergament nicht bey der Hand? fragte Jarno, es enthält viel Gu¬ tes; denn jene allgemeinen Sprüche ſind nicht aus der Luft gegriffen, freylich ſcheinen ſie demjenigen leer und dunkel, der ſich kei¬ ner Erfahrung dabey erinnert. Geben Sie mir den ſogenannten Lehrbrief doch, wenn er in der Nähe iſt. — Gewiß ganz nah, verſetzte Wilhelm, ſo ein Amulet ſollte man immer auf der Bruſt tragen. — Nun, ſagte Jarno lächelnd: wer weiß ob der Inhalt nicht einmal in Ihrem Kopf und Herzen Platz findet.
Jarno blickte hinein, und überlief die erſte Hälfte mit den Augen. Dieſe, ſagte er, bezieht ſich auf die Ausbildung des Kunſtſinnes, wovon andere ſprechen mögen;
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0349"n="345"/>
das wenigſte verſtehn, man eröfnet uns:<lb/>
daß wir bisher Lehrlinge waren, man ſpricht<lb/>
uns los, und wir ſind ſo klug wie vorher. —<lb/>
Haben Sie das Pergament nicht bey der<lb/>
Hand? fragte Jarno, es enthält viel Gu¬<lb/>
tes; denn jene allgemeinen Sprüche ſind<lb/>
nicht aus der Luft gegriffen, freylich ſcheinen<lb/>ſie demjenigen leer und dunkel, der ſich kei¬<lb/>
ner Erfahrung dabey erinnert. Geben Sie<lb/>
mir den ſogenannten Lehrbrief doch, wenn<lb/>
er in der Nähe iſt. — Gewiß ganz nah,<lb/>
verſetzte Wilhelm, ſo ein Amulet ſollte man<lb/>
immer auf der Bruſt tragen. — Nun, ſagte<lb/>
Jarno lächelnd: wer weiß ob der Inhalt<lb/>
nicht einmal in Ihrem Kopf und Herzen<lb/>
Platz findet.</p><lb/><p>Jarno blickte hinein, und überlief die<lb/>
erſte Hälfte mit den Augen. Dieſe, ſagte<lb/>
er, bezieht ſich auf die Ausbildung des<lb/>
Kunſtſinnes, wovon andere ſprechen mögen;<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[345/0349]
das wenigſte verſtehn, man eröfnet uns:
daß wir bisher Lehrlinge waren, man ſpricht
uns los, und wir ſind ſo klug wie vorher. —
Haben Sie das Pergament nicht bey der
Hand? fragte Jarno, es enthält viel Gu¬
tes; denn jene allgemeinen Sprüche ſind
nicht aus der Luft gegriffen, freylich ſcheinen
ſie demjenigen leer und dunkel, der ſich kei¬
ner Erfahrung dabey erinnert. Geben Sie
mir den ſogenannten Lehrbrief doch, wenn
er in der Nähe iſt. — Gewiß ganz nah,
verſetzte Wilhelm, ſo ein Amulet ſollte man
immer auf der Bruſt tragen. — Nun, ſagte
Jarno lächelnd: wer weiß ob der Inhalt
nicht einmal in Ihrem Kopf und Herzen
Platz findet.
Jarno blickte hinein, und überlief die
erſte Hälfte mit den Augen. Dieſe, ſagte
er, bezieht ſich auf die Ausbildung des
Kunſtſinnes, wovon andere ſprechen mögen;
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/349>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.