sie das wenigste sehen, weil Gutes und Bö¬ ses im Verborgenen geschieht, und eine gleich¬ gültige Erscheinung meistens nur an den Tag kommt. Bringt man ihnen doch Schauspie¬ ler und Schauspielerinnen auf erhöhte Bre¬ ter, zündet von allen Seiten Licht an, das ganze Werk ist in wenig Stunden abge¬ schlossen, und doch weiß selten jemand ei¬ gentlich, was er daraus machen soll.
Nun ging es an ein Fragen nach der Familie, nach den Jugendfreunden und der Vaterstadt. Werner erzählte, mit großer Hast, alles was sich verändert hatte, und was noch bestand und geschah. Die Frauen im Hause, sagte er, sind vergnügt und glück¬ lich, es fehlt nie an Geld, die eine Hälfte der Zeit bringen sie zu sich zu putzen, und die andere Hälfte sich geputzt sehen zu las¬ sen. Haushältisch sind sie so viel als billig ist, meine Kinder lassen sich zu gescheuten
ſie das wenigſte ſehen, weil Gutes und Bö¬ ſes im Verborgenen geſchieht, und eine gleich¬ gültige Erſcheinung meiſtens nur an den Tag kommt. Bringt man ihnen doch Schauſpie¬ ler und Schauſpielerinnen auf erhöhte Bre¬ ter, zündet von allen Seiten Licht an, das ganze Werk iſt in wenig Stunden abge¬ ſchloſſen, und doch weiß ſelten jemand ei¬ gentlich, was er daraus machen ſoll.
Nun ging es an ein Fragen nach der Familie, nach den Jugendfreunden und der Vaterſtadt. Werner erzählte, mit großer Haſt, alles was ſich verändert hatte, und was noch beſtand und geſchah. Die Frauen im Hauſe, ſagte er, ſind vergnügt und glück¬ lich, es fehlt nie an Geld, die eine Hälfte der Zeit bringen ſie zu ſich zu putzen, und die andere Hälfte ſich geputzt ſehen zu laſ¬ ſen. Haushältiſch ſind ſie ſo viel als billig iſt, meine Kinder laſſen ſich zu geſcheuten
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0224"n="220"/>ſie das wenigſte ſehen, weil Gutes und Bö¬<lb/>ſes im Verborgenen geſchieht, und eine gleich¬<lb/>
gültige Erſcheinung meiſtens nur an den Tag<lb/>
kommt. Bringt man ihnen doch Schauſpie¬<lb/>
ler und Schauſpielerinnen auf erhöhte Bre¬<lb/>
ter, zündet von allen Seiten Licht an, das<lb/>
ganze Werk iſt in wenig Stunden abge¬<lb/>ſchloſſen, und doch weiß ſelten jemand ei¬<lb/>
gentlich, was er daraus machen ſoll.</p><lb/><p>Nun ging es an ein Fragen nach der<lb/>
Familie, nach den Jugendfreunden und der<lb/>
Vaterſtadt. Werner erzählte, mit großer<lb/>
Haſt, alles was ſich verändert hatte, und<lb/>
was noch beſtand und geſchah. Die Frauen<lb/>
im Hauſe, ſagte er, ſind vergnügt und glück¬<lb/>
lich, es fehlt nie an Geld, die eine Hälfte<lb/>
der Zeit bringen ſie zu ſich zu putzen, und<lb/>
die andere Hälfte ſich geputzt ſehen zu laſ¬<lb/>ſen. Haushältiſch ſind ſie ſo viel als billig<lb/>
iſt, meine Kinder laſſen ſich zu geſcheuten<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[220/0224]
ſie das wenigſte ſehen, weil Gutes und Bö¬
ſes im Verborgenen geſchieht, und eine gleich¬
gültige Erſcheinung meiſtens nur an den Tag
kommt. Bringt man ihnen doch Schauſpie¬
ler und Schauſpielerinnen auf erhöhte Bre¬
ter, zündet von allen Seiten Licht an, das
ganze Werk iſt in wenig Stunden abge¬
ſchloſſen, und doch weiß ſelten jemand ei¬
gentlich, was er daraus machen ſoll.
Nun ging es an ein Fragen nach der
Familie, nach den Jugendfreunden und der
Vaterſtadt. Werner erzählte, mit großer
Haſt, alles was ſich verändert hatte, und
was noch beſtand und geſchah. Die Frauen
im Hauſe, ſagte er, ſind vergnügt und glück¬
lich, es fehlt nie an Geld, die eine Hälfte
der Zeit bringen ſie zu ſich zu putzen, und
die andere Hälfte ſich geputzt ſehen zu laſ¬
ſen. Haushältiſch ſind ſie ſo viel als billig
iſt, meine Kinder laſſen ſich zu geſcheuten
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/224>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.