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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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So angenehm der Knabe war, so bald
suchte ihn Wilhelm doch los zu werden. Er
wünschte allein zu seyn, denn er fühlte sich
in seiner Lage äußerst gedrückt und beklom¬
men. Er machte sich Vorwürfe, seinen Vor¬
satz so schlecht vollführt, seinen Auftrag nur
halb ausgerichtet zu haben. Bald nahm er
sich vor, den andern Morgen das Versäumte
nachzuholen, bald fühlte er daß Lothario's
Gegenwart ihn zu ganz andern Gefühlen
stimmte. Das Haus, worin er sich befand,
kam ihm auch so wunderbar vor, er wußte
sich in seine Lage nicht zu finden. Er wollte
sich ausziehen und öfnete seinen Mantelsack;
mit seinen Nachtsachen brachte er zugleich
den Schleyer des Geistes hervor, den Mi¬
gnon eingepackt hatte. Der Anblick vermehrte
seine traurige Stimmung. Flieh, Jüngling,
flieh! rief er aus, was soll das mystische
Wort heißen? was fliehen? wohin fliehen?

B

So angenehm der Knabe war, ſo bald
ſuchte ihn Wilhelm doch los zu werden. Er
wünſchte allein zu ſeyn, denn er fühlte ſich
in ſeiner Lage äußerſt gedrückt und beklom¬
men. Er machte ſich Vorwürfe, ſeinen Vor¬
ſatz ſo ſchlecht vollführt, ſeinen Auftrag nur
halb ausgerichtet zu haben. Bald nahm er
ſich vor, den andern Morgen das Verſäumte
nachzuholen, bald fühlte er daß Lothario’s
Gegenwart ihn zu ganz andern Gefühlen
ſtimmte. Das Haus, worin er ſich befand,
kam ihm auch ſo wunderbar vor, er wußte
ſich in ſeine Lage nicht zu finden. Er wollte
ſich ausziehen und öfnete ſeinen Mantelſack;
mit ſeinen Nachtſachen brachte er zugleich
den Schleyer des Geiſtes hervor, den Mi¬
gnon eingepackt hatte. Der Anblick vermehrte
ſeine traurige Stimmung. Flieh, Jüngling,
flieh! rief er aus, was ſoll das myſtiſche
Wort heißen? was fliehen? wohin fliehen?

B
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[17/0021] So angenehm der Knabe war, ſo bald ſuchte ihn Wilhelm doch los zu werden. Er wünſchte allein zu ſeyn, denn er fühlte ſich in ſeiner Lage äußerſt gedrückt und beklom¬ men. Er machte ſich Vorwürfe, ſeinen Vor¬ ſatz ſo ſchlecht vollführt, ſeinen Auftrag nur halb ausgerichtet zu haben. Bald nahm er ſich vor, den andern Morgen das Verſäumte nachzuholen, bald fühlte er daß Lothario’s Gegenwart ihn zu ganz andern Gefühlen ſtimmte. Das Haus, worin er ſich befand, kam ihm auch ſo wunderbar vor, er wußte ſich in ſeine Lage nicht zu finden. Er wollte ſich ausziehen und öfnete ſeinen Mantelſack; mit ſeinen Nachtſachen brachte er zugleich den Schleyer des Geiſtes hervor, den Mi¬ gnon eingepackt hatte. Der Anblick vermehrte ſeine traurige Stimmung. Flieh, Jüngling, flieh! rief er aus, was ſoll das myſtiſche Wort heißen? was fliehen? wohin fliehen? B

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/21>, abgerufen am 23.11.2024.