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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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helm konnte sich nicht entschließen, die Rolle
des lebenden Königs dem Pedanten zu über¬
lassen, damit der Polterer den Geist spielen
könne, und glaubte eher, daß man noch ei¬
nige Zeit warten sollte, indem sich doch noch
einige Schauspieler gemeldet hätten, und sich
unter ihnen der rechte Mann finden könnte.

Man kann sich daher denken wie ver¬
wundert Wilhelm war, als er, unter der
Addresse seines Theaternamens, Abends fol¬
gendes Billet mit wunderbaren Zügen ver¬
siegelt auf seinem Tische fand:

"Du bist, o sonderbarer Jüngling, wir
wissen es, in großer Verlegenheit. Du fin¬
dest kaum Menschen zu deinem Hamlet, ge¬
schweige Geister. Dein Eifer verdient ein
Wunder; Wunder können wir nicht thun,
aber etwas Wunderbares soll geschehen. Hast
du Vertrauen, so soll zur rechten Stunde
der Geist erscheinen ! Habe Muth und bleibe

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helm konnte ſich nicht entſchließen, die Rolle
des lebenden Königs dem Pedanten zu über¬
laſſen, damit der Polterer den Geiſt ſpielen
könne, und glaubte eher, daß man noch ei¬
nige Zeit warten ſollte, indem ſich doch noch
einige Schauſpieler gemeldet hätten, und ſich
unter ihnen der rechte Mann finden könnte.

Man kann ſich daher denken wie ver¬
wundert Wilhelm war, als er, unter der
Addreſſe ſeines Theaternamens, Abends fol¬
gendes Billet mit wunderbaren Zügen ver¬
ſiegelt auf ſeinem Tiſche fand:

»Du biſt, o ſonderbarer Jüngling, wir
wiſſen es, in großer Verlegenheit. Du fin¬
deſt kaum Menſchen zu deinem Hamlet, ge¬
ſchweige Geiſter. Dein Eifer verdient ein
Wunder; Wunder können wir nicht thun,
aber etwas Wunderbares ſoll geſchehen. Haſt
du Vertrauen, ſo ſoll zur rechten Stunde
der Geiſt erſcheinen ! Habe Muth und bleibe

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[67/0073] helm konnte ſich nicht entſchließen, die Rolle des lebenden Königs dem Pedanten zu über¬ laſſen, damit der Polterer den Geiſt ſpielen könne, und glaubte eher, daß man noch ei¬ nige Zeit warten ſollte, indem ſich doch noch einige Schauſpieler gemeldet hätten, und ſich unter ihnen der rechte Mann finden könnte. Man kann ſich daher denken wie ver¬ wundert Wilhelm war, als er, unter der Addreſſe ſeines Theaternamens, Abends fol¬ gendes Billet mit wunderbaren Zügen ver¬ ſiegelt auf ſeinem Tiſche fand: »Du biſt, o ſonderbarer Jüngling, wir wiſſen es, in großer Verlegenheit. Du fin¬ deſt kaum Menſchen zu deinem Hamlet, ge¬ ſchweige Geiſter. Dein Eifer verdient ein Wunder; Wunder können wir nicht thun, aber etwas Wunderbares ſoll geſchehen. Haſt du Vertrauen, ſo ſoll zur rechten Stunde der Geiſt erſcheinen ! Habe Muth und bleibe E 2

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/73>, abgerufen am 24.11.2024.