Ja es verdrießt mich oft von dem Oheim, daß er mich deßhalb für die Kinder für ge¬ fährlich hält. Im praktischen ist doch kein Mensch tolerant! denn wer auch versichert, daß er jedem seine Art und Wesen gerne lassen wolle, sucht doch immer diejenigen von der Thätigkeit auszuschließen, die nicht so denken wie er.
Diese Art, die Kinder von mir zu entfer¬ nen, betrübt mich desto mehr, je mehr ich von der Realität meines Glaubens überzeugt seyn kann. Warum sollte er nicht einen göttlichen Ursprung, nicht einen wirklichen Gegenstand haben, da er sich im praktischen so wirksam erweiset. Werden wir durchs praktische doch unseres eigenen Daseyns selbst erst recht gewiß, warum sollten wir uns nicht auch auf eben dem Wege von jenem Wesen überzeugen können, das uns zu allem Guten die Hand reicht?
W. Meisters Lehrj. 3. A a
Ja es verdrießt mich oft von dem Oheim, daß er mich deßhalb für die Kinder für ge¬ fährlich hält. Im praktiſchen iſt doch kein Menſch tolerant! denn wer auch verſichert, daß er jedem ſeine Art und Weſen gerne laſſen wolle, ſucht doch immer diejenigen von der Thätigkeit auszuſchließen, die nicht ſo denken wie er.
Dieſe Art, die Kinder von mir zu entfer¬ nen, betrübt mich deſto mehr, je mehr ich von der Realität meines Glaubens überzeugt ſeyn kann. Warum ſollte er nicht einen göttlichen Urſprung, nicht einen wirklichen Gegenſtand haben, da er ſich im praktiſchen ſo wirkſam erweiſet. Werden wir durchs praktiſche doch unſeres eigenen Daſeyns ſelbſt erſt recht gewiß, warum ſollten wir uns nicht auch auf eben dem Wege von jenem Weſen überzeugen können, das uns zu allem Guten die Hand reicht?
W. Meiſters Lehrj. 3. A a
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Ja es verdrießt mich oft von dem Oheim,
daß er mich deßhalb für die Kinder für ge¬
fährlich hält. Im praktiſchen iſt doch kein
Menſch tolerant! denn wer auch verſichert,
daß er jedem ſeine Art und Weſen gerne
laſſen wolle, ſucht doch immer diejenigen von
der Thätigkeit auszuſchließen, die nicht ſo
denken wie er.
Dieſe Art, die Kinder von mir zu entfer¬
nen, betrübt mich deſto mehr, je mehr ich
von der Realität meines Glaubens überzeugt
ſeyn kann. Warum ſollte er nicht einen
göttlichen Urſprung, nicht einen wirklichen
Gegenſtand haben, da er ſich im praktiſchen
ſo wirkſam erweiſet. Werden wir durchs
praktiſche doch unſeres eigenen Daſeyns ſelbſt
erſt recht gewiß, warum ſollten wir uns nicht
auch auf eben dem Wege von jenem Weſen
überzeugen können, das uns zu allem Guten
die Hand reicht?
W. Meiſters Lehrj. 3. A a
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/375>, abgerufen am 04.07.2024.
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