Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

weisen; die uns entweder rechte Materialien
geben, oder uns von der Einheit unsres Gei¬
stes überzeugen.

Ich hatte in meinen Leben unsäglich ge¬
lesen und in gewissen Fächern war mir fast
kein Buch unbekannt, um desto angenehmer
war mirs hier von der Übersicht des Gan¬
zen zu sprechen, und Lücken zu bemerken, wo
ich sonst nur eine beschränkte Verwirrung
oder eine unendliche Ausdehnung gesehen
hatte.

Zugleich machten wir die Bekanntschaft
eines sehr interessanten stillen Mannes. Er
war Arzt und Naturforscher, und schien mehr
zu den Penaten als zu den Bewohnern des
Hauses zu gehören. Er zeigte uns das
Naturalienkabinet, das, wie die Bibliothek,
in verschlossenen Glasschränken, zugleich die
Wände der Zimmer verzierte und den Raum
veredelte ohne ihn zu verengern. Hier erin¬

weiſen; die uns entweder rechte Materialien
geben, oder uns von der Einheit unſres Gei¬
ſtes überzeugen.

Ich hatte in meinen Leben unſäglich ge¬
leſen und in gewiſſen Fächern war mir faſt
kein Buch unbekannt, um deſto angenehmer
war mirs hier von der Überſicht des Gan¬
zen zu ſprechen, und Lücken zu bemerken, wo
ich ſonſt nur eine beſchränkte Verwirrung
oder eine unendliche Ausdehnung geſehen
hatte.

Zugleich machten wir die Bekanntſchaft
eines ſehr intereſſanten ſtillen Mannes. Er
war Arzt und Naturforſcher, und ſchien mehr
zu den Penaten als zu den Bewohnern des
Hauſes zu gehören. Er zeigte uns das
Naturalienkabinet, das, wie die Bibliothek,
in verſchloſſenen Glasſchränken, zugleich die
Wände der Zimmer verzierte und den Raum
veredelte ohne ihn zu verengern. Hier erin¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0347" n="341"/>
wei&#x017F;en; die uns entweder rechte Materialien<lb/>
geben, oder uns von der Einheit un&#x017F;res Gei¬<lb/>
&#x017F;tes überzeugen.</p><lb/>
            <p>Ich hatte in meinen Leben un&#x017F;äglich ge¬<lb/>
le&#x017F;en und in gewi&#x017F;&#x017F;en Fächern war mir fa&#x017F;t<lb/>
kein Buch unbekannt, um de&#x017F;to angenehmer<lb/>
war mirs hier von der Über&#x017F;icht des Gan¬<lb/>
zen zu &#x017F;prechen, und Lücken zu bemerken, wo<lb/>
ich &#x017F;on&#x017F;t nur eine be&#x017F;chränkte Verwirrung<lb/>
oder eine unendliche Ausdehnung ge&#x017F;ehen<lb/>
hatte.</p><lb/>
            <p>Zugleich machten wir die Bekannt&#x017F;chaft<lb/>
eines &#x017F;ehr intere&#x017F;&#x017F;anten &#x017F;tillen Mannes. Er<lb/>
war Arzt und Naturfor&#x017F;cher, und &#x017F;chien mehr<lb/>
zu den Penaten als zu den Bewohnern des<lb/>
Hau&#x017F;es zu gehören. Er zeigte uns das<lb/>
Naturalienkabinet, das, wie die Bibliothek,<lb/>
in ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Glas&#x017F;chränken, zugleich die<lb/>
Wände der Zimmer verzierte und den Raum<lb/>
veredelte ohne ihn zu verengern. Hier erin¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[341/0347] weiſen; die uns entweder rechte Materialien geben, oder uns von der Einheit unſres Gei¬ ſtes überzeugen. Ich hatte in meinen Leben unſäglich ge¬ leſen und in gewiſſen Fächern war mir faſt kein Buch unbekannt, um deſto angenehmer war mirs hier von der Überſicht des Gan¬ zen zu ſprechen, und Lücken zu bemerken, wo ich ſonſt nur eine beſchränkte Verwirrung oder eine unendliche Ausdehnung geſehen hatte. Zugleich machten wir die Bekanntſchaft eines ſehr intereſſanten ſtillen Mannes. Er war Arzt und Naturforſcher, und ſchien mehr zu den Penaten als zu den Bewohnern des Hauſes zu gehören. Er zeigte uns das Naturalienkabinet, das, wie die Bibliothek, in verſchloſſenen Glasſchränken, zugleich die Wände der Zimmer verzierte und den Raum veredelte ohne ihn zu verengern. Hier erin¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/347
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/347>, abgerufen am 18.05.2024.