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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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Bette ging, war auch gewiß am weitesten
von allem Lärm einquartirt.

Durch diese gute Ordnung schien der
Raum, in dem wir uns befanden, eine kleine
Welt zu seyn, und doch, wenn man es bey
nahem betrachtete, war das Schloß nicht
groß, und man würde ohne genaue Kennt¬
niß desselben und ohne den Geist des Wir¬
thes wohl schwerlich so viele Leute darin be¬
herbergt, und jeden nach seiner Art bewir¬
thet haben.

So angenehm uns der Anblick eines wohl¬
gestalteten Menschen ist, so angenehm ist
uns eine ganze Einrichtung, aus der uns
die Gegenwart eines verständigen, vernünf¬
tigen Wesens fühlbar wird. Schon in ein
reinliches Haus zu kommen, ist eine Freude,
wenn es auch sonst geschmacklos gebauet und
verziert ist; denn es zeigt uns die Gegen¬
wart wenigstens von Einer Seite gebildeter

Bette ging, war auch gewiß am weiteſten
von allem Lärm einquartirt.

Durch dieſe gute Ordnung ſchien der
Raum, in dem wir uns befanden, eine kleine
Welt zu ſeyn, und doch, wenn man es bey
nahem betrachtete, war das Schloß nicht
groß, und man würde ohne genaue Kennt¬
niß deſſelben und ohne den Geiſt des Wir¬
thes wohl ſchwerlich ſo viele Leute darin be¬
herbergt, und jeden nach ſeiner Art bewir¬
thet haben.

So angenehm uns der Anblick eines wohl¬
geſtalteten Menſchen iſt, ſo angenehm iſt
uns eine ganze Einrichtung, aus der uns
die Gegenwart eines verſtändigen, vernünf¬
tigen Weſens fühlbar wird. Schon in ein
reinliches Haus zu kommen, iſt eine Freude,
wenn es auch ſonſt geſchmacklos gebauet und
verziert iſt; denn es zeigt uns die Gegen¬
wart wenigſtens von Einer Seite gebildeter

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[326/0332] Bette ging, war auch gewiß am weiteſten von allem Lärm einquartirt. Durch dieſe gute Ordnung ſchien der Raum, in dem wir uns befanden, eine kleine Welt zu ſeyn, und doch, wenn man es bey nahem betrachtete, war das Schloß nicht groß, und man würde ohne genaue Kennt¬ niß deſſelben und ohne den Geiſt des Wir¬ thes wohl ſchwerlich ſo viele Leute darin be¬ herbergt, und jeden nach ſeiner Art bewir¬ thet haben. So angenehm uns der Anblick eines wohl¬ geſtalteten Menſchen iſt, ſo angenehm iſt uns eine ganze Einrichtung, aus der uns die Gegenwart eines verſtändigen, vernünf¬ tigen Weſens fühlbar wird. Schon in ein reinliches Haus zu kommen, iſt eine Freude, wenn es auch ſonſt geſchmacklos gebauet und verziert iſt; denn es zeigt uns die Gegen¬ wart wenigſtens von Einer Seite gebildeter

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 326. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/332>, abgerufen am 19.05.2024.