Da ich mich so lange im Stillen vorbe¬ reitet hatte, so waren mir die Debatten hier¬ über eher angenehm als verdrießlich. Ich machte meinem Herzen Luft, und fühlte den ganzen Werth meines Entschlusses. Ich wich nicht ein Haar breit, und wem ich nicht kind¬ lichen Respect schuldig war, der wurde derb abgefertigt. In meinem Hause siegte ich bald. Meine Mutter hatte von Jugend auf ähnliche Gesinnungen, nur waren sie bey ihr nicht zur Reife gediehen; keine Noth hatte sie gedrängt, und den Muth ihre Über¬ zeugung durchzusetzen erhöht. Sie freute sich durch mich ihre stillen Wünsche erfüllt zu sehen. Die jüngere Schwester schien sich an mich anzuschließen; die zweyte war auf¬ merksam und still. Die Tante hatte am meisten einzuwenden. Die Gründe, die sie vorbrachte, schienen ihr unwiderleglich, und waren es auch, weil sie ganz gemein waren.
Da ich mich ſo lange im Stillen vorbe¬ reitet hatte, ſo waren mir die Debatten hier¬ über eher angenehm als verdrießlich. Ich machte meinem Herzen Luft, und fühlte den ganzen Werth meines Entſchluſſes. Ich wich nicht ein Haar breit, und wem ich nicht kind¬ lichen Reſpect ſchuldig war, der wurde derb abgefertigt. In meinem Hauſe ſiegte ich bald. Meine Mutter hatte von Jugend auf ähnliche Geſinnungen, nur waren ſie bey ihr nicht zur Reife gediehen; keine Noth hatte ſie gedrängt, und den Muth ihre Über¬ zeugung durchzuſetzen erhöht. Sie freute ſich durch mich ihre ſtillen Wünſche erfüllt zu ſehen. Die jüngere Schweſter ſchien ſich an mich anzuſchließen; die zweyte war auf¬ merkſam und ſtill. Die Tante hatte am meiſten einzuwenden. Die Gründe, die ſie vorbrachte, ſchienen ihr unwiderleglich, und waren es auch, weil ſie ganz gemein waren.
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Da ich mich ſo lange im Stillen vorbe¬
reitet hatte, ſo waren mir die Debatten hier¬
über eher angenehm als verdrießlich. Ich
machte meinem Herzen Luft, und fühlte den
ganzen Werth meines Entſchluſſes. Ich wich
nicht ein Haar breit, und wem ich nicht kind¬
lichen Reſpect ſchuldig war, der wurde derb
abgefertigt. In meinem Hauſe ſiegte ich
bald. Meine Mutter hatte von Jugend
auf ähnliche Geſinnungen, nur waren ſie bey
ihr nicht zur Reife gediehen; keine Noth
hatte ſie gedrängt, und den Muth ihre Über¬
zeugung durchzuſetzen erhöht. Sie freute
ſich durch mich ihre ſtillen Wünſche erfüllt
zu ſehen. Die jüngere Schweſter ſchien ſich
an mich anzuſchließen; die zweyte war auf¬
merkſam und ſtill. Die Tante hatte am
meiſten einzuwenden. Die Gründe, die ſie
vorbrachte, ſchienen ihr unwiderleglich, und
waren es auch, weil ſie ganz gemein waren.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 267[265]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/271>, abgerufen am 21.05.2024.
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