meiner ehrbaren Heldin aufzuziehen, und, in¬ dem wir französisch sprachen, mit dem "hone¬ te" zu spielen, um die Ehrbarkeit der Phyl¬ lis durch alle Bedeutungen durchzuführen. Ich fühlte das Lächerliche und war äußerst verwirrt. Er, der mich nicht furchtsam ma¬ chen wolte, brach ab, brachte aber das Ge¬ spräch bey andern Gelegenheiten wieder auf die Bahn. Schauspiele und kleine Geschich¬ ten, die ich bey ihm las und übersetzte, ga¬ ben ihm oft Anlaß zu zeigen, was für ein schwacher Schutz die sogenannte Tugend ge¬ gen die Aufforderungen eines Affeckts sey. Ich widersprach nicht mehr, ärgerte mich aber immer heimlich, und seine Anmerkungen wur¬ den mir zur Last.
Mit meinem guten Damon kam ich nach und nach aus aller Verbindung. Die Chi¬ kanen des jüngsten hatten unsern Umgang zerrissen. Nicht lange Zeit darauf starben
meiner ehrbaren Heldin aufzuziehen, und, in¬ dem wir franzöſiſch ſprachen, mit dem »hone¬ te» zu ſpielen, um die Ehrbarkeit der Phyl¬ lis durch alle Bedeutungen durchzuführen. Ich fühlte das Lächerliche und war äußerſt verwirrt. Er, der mich nicht furchtſam ma¬ chen wolte, brach ab, brachte aber das Ge¬ ſpräch bey andern Gelegenheiten wieder auf die Bahn. Schauſpiele und kleine Geſchich¬ ten, die ich bey ihm las und überſetzte, ga¬ ben ihm oft Anlaß zu zeigen, was für ein ſchwacher Schutz die ſogenannte Tugend ge¬ gen die Aufforderungen eines Affeckts ſey. Ich widerſprach nicht mehr, ärgerte mich aber immer heimlich, und ſeine Anmerkungen wur¬ den mir zur Laſt.
Mit meinem guten Damon kam ich nach und nach aus aller Verbindung. Die Chi¬ kanen des jüngſten hatten unſern Umgang zerriſſen. Nicht lange Zeit darauf ſtarben
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meiner ehrbaren Heldin aufzuziehen, und, in¬
dem wir franzöſiſch ſprachen, mit dem »hone¬
te» zu ſpielen, um die Ehrbarkeit der Phyl¬
lis durch alle Bedeutungen durchzuführen.
Ich fühlte das Lächerliche und war äußerſt
verwirrt. Er, der mich nicht furchtſam ma¬
chen wolte, brach ab, brachte aber das Ge¬
ſpräch bey andern Gelegenheiten wieder auf
die Bahn. Schauſpiele und kleine Geſchich¬
ten, die ich bey ihm las und überſetzte, ga¬
ben ihm oft Anlaß zu zeigen, was für ein
ſchwacher Schutz die ſogenannte Tugend ge¬
gen die Aufforderungen eines Affeckts ſey.
Ich widerſprach nicht mehr, ärgerte mich aber
immer heimlich, und ſeine Anmerkungen wur¬
den mir zur Laſt.
Mit meinem guten Damon kam ich nach
und nach aus aller Verbindung. Die Chi¬
kanen des jüngſten hatten unſern Umgang
zerriſſen. Nicht lange Zeit darauf ſtarben
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/227>, abgerufen am 28.11.2024.
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