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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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kühner, ging offenherzig heraus und war bis
ins Detail der Wahrheit getreu. Ich weiß
nicht mehr, bey welcher Stelle er einst Gele¬
genheit nahm, zu sagen: wie das artig, wie
das natürlich ist! Aber die gute Phillis mag
sich in Acht nehmen, es kann bald ernsthaft
werden.

Mich verdroß, daß er die Sache nicht
schon für ernsthaft hielt, und fragte ihn pi¬
quirt, was er unter ernsthaft verstehe? Er
ließ sich nicht zweymal fragen, und erklärte
sich so deutlich, daß ich meinen Schrecken
kaum verbergen konnte. Doch da sich gleich
darauf bey mir der Verdruß einstellte, und
ich ihm übel nahm, daß er solche Gedanken
hegen könne, faßte ich mich, wollte meine
Schöne rechtfertigen und sagte mit feuerro¬
then Wangen: aber mein Herr, Phyllis ist
ein ehrbares Mädchen.

Nun war er boshaft genug, mich mit

kühner, ging offenherzig heraus und war bis
ins Detail der Wahrheit getreu. Ich weiß
nicht mehr, bey welcher Stelle er einſt Gele¬
genheit nahm, zu ſagen: wie das artig, wie
das natürlich iſt! Aber die gute Phillis mag
ſich in Acht nehmen, es kann bald ernſthaft
werden.

Mich verdroß, daß er die Sache nicht
ſchon für ernſthaft hielt, und fragte ihn pi¬
quirt, was er unter ernſthaft verſtehe? Er
ließ ſich nicht zweymal fragen, und erklärte
ſich ſo deutlich, daß ich meinen Schrecken
kaum verbergen konnte. Doch da ſich gleich
darauf bey mir der Verdruß einſtellte, und
ich ihm übel nahm, daß er ſolche Gedanken
hegen könne, faßte ich mich, wollte meine
Schöne rechtfertigen und ſagte mit feuerro¬
then Wangen: aber mein Herr, Phyllis iſt
ein ehrbares Mädchen.

Nun war er boshaft genug, mich mit

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[220/0226] kühner, ging offenherzig heraus und war bis ins Detail der Wahrheit getreu. Ich weiß nicht mehr, bey welcher Stelle er einſt Gele¬ genheit nahm, zu ſagen: wie das artig, wie das natürlich iſt! Aber die gute Phillis mag ſich in Acht nehmen, es kann bald ernſthaft werden. Mich verdroß, daß er die Sache nicht ſchon für ernſthaft hielt, und fragte ihn pi¬ quirt, was er unter ernſthaft verſtehe? Er ließ ſich nicht zweymal fragen, und erklärte ſich ſo deutlich, daß ich meinen Schrecken kaum verbergen konnte. Doch da ſich gleich darauf bey mir der Verdruß einſtellte, und ich ihm übel nahm, daß er ſolche Gedanken hegen könne, faßte ich mich, wollte meine Schöne rechtfertigen und ſagte mit feuerro¬ then Wangen: aber mein Herr, Phyllis iſt ein ehrbares Mädchen. Nun war er boshaft genug, mich mit

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/226>, abgerufen am 28.11.2024.