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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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nicht versäumen, die große Welt näher ken¬
nen zu lernen, in der er viele Aufschlüsse
über das Leben, über sich selbst und die
Kunst zu erlangen hofte. Dabey durfte er
sich nicht gestehen, wie sehr er wünsche, der
schönen Gräfin wieder näher zu kommen.
Er suchte sich vielmehr im Allgemeinen zu
überzeugen, welchen großen Vortheil ihm die
nähere Kenntniß der vornehmen und reichen
Welt bringen würde. Er machte seine Be¬
trachtungen über den Grafen, die Gräfin,
den Baron, über die Sicherheit, Bequemlich¬
keit und Anmuth ihres Betragens, und rief,
als er allein war, mit Entzücken aus:

Dreymal glücklich sind diejenigen zu prei¬
sen, die ihre Geburt sogleich über die untern
Stufen der Menschheit hinaus hebt; die
durch jene Verhältnisse, in welchen sich man¬
che gute Menschen die ganze Zeit ihres Le¬
bens abängstigen, nicht durchzugehen, auch

nicht verſäumen, die große Welt näher ken¬
nen zu lernen, in der er viele Aufſchlüſſe
über das Leben, über ſich ſelbſt und die
Kunſt zu erlangen hofte. Dabey durfte er
ſich nicht geſtehen, wie ſehr er wünſche, der
ſchönen Gräfin wieder näher zu kommen.
Er ſuchte ſich vielmehr im Allgemeinen zu
überzeugen, welchen großen Vortheil ihm die
nähere Kenntniß der vornehmen und reichen
Welt bringen würde. Er machte ſeine Be¬
trachtungen über den Grafen, die Gräfin,
den Baron, über die Sicherheit, Bequemlich¬
keit und Anmuth ihres Betragens, und rief,
als er allein war, mit Entzücken aus:

Dreymal glücklich ſind diejenigen zu prei¬
ſen, die ihre Geburt ſogleich über die untern
Stufen der Menſchheit hinaus hebt; die
durch jene Verhältniſſe, in welchen ſich man¬
che gute Menſchen die ganze Zeit ihres Le¬
bens abängſtigen, nicht durchzugehen, auch

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[31/0039] nicht verſäumen, die große Welt näher ken¬ nen zu lernen, in der er viele Aufſchlüſſe über das Leben, über ſich ſelbſt und die Kunſt zu erlangen hofte. Dabey durfte er ſich nicht geſtehen, wie ſehr er wünſche, der ſchönen Gräfin wieder näher zu kommen. Er ſuchte ſich vielmehr im Allgemeinen zu überzeugen, welchen großen Vortheil ihm die nähere Kenntniß der vornehmen und reichen Welt bringen würde. Er machte ſeine Be¬ trachtungen über den Grafen, die Gräfin, den Baron, über die Sicherheit, Bequemlich¬ keit und Anmuth ihres Betragens, und rief, als er allein war, mit Entzücken aus: Dreymal glücklich ſind diejenigen zu prei¬ ſen, die ihre Geburt ſogleich über die untern Stufen der Menſchheit hinaus hebt; die durch jene Verhältniſſe, in welchen ſich man¬ che gute Menſchen die ganze Zeit ihres Le¬ bens abängſtigen, nicht durchzugehen, auch

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/39>, abgerufen am 28.03.2024.