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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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lich auf dem Theater, war in der Haushal¬
tung niemals nütze; ich besorgte alles, und
studierte dabey meine Rollen fleißiger als je¬
mals. Ich spielte wieder wie vor Alters, ja
mit ganz anderer Kraft und neuem Leben,
zwar durch ihn und um seinetwillen, doch
nicht immer gelang es mir zum Besten, wenn
ich meinen edlen Freund im Schauspiel wu߬
te; aber einigemal behorchte er mich, und
wie angenehm mich sein unvermutheter Bey¬
fall überraschte, können Sie denken.

Gewiß, ich bin ein seltsames Geschöpf.
Bey jeder Rolle, die ich spielte, war es mir
eigentlich nur immer zu Muthe, als wenn
ich ihn lobte und zu seinen Ehren spräche;
denn das war die Stimmung meines Her¬
zens, die Worte mochten übrigens seyn, wie
sie wollten. Wußt' ich ihn unter den Zuhö¬
rern, so getraute ich mich nicht, mit der gan¬
zen Gewalt zu sprechen, eben als wenn ich

lich auf dem Theater, war in der Haushal¬
tung niemals nütze; ich beſorgte alles, und
ſtudierte dabey meine Rollen fleißiger als je¬
mals. Ich ſpielte wieder wie vor Alters, ja
mit ganz anderer Kraft und neuem Leben,
zwar durch ihn und um ſeinetwillen, doch
nicht immer gelang es mir zum Beſten, wenn
ich meinen edlen Freund im Schauſpiel wu߬
te; aber einigemal behorchte er mich, und
wie angenehm mich ſein unvermutheter Bey¬
fall überraſchte, können Sie denken.

Gewiß, ich bin ein ſeltſames Geſchöpf.
Bey jeder Rolle, die ich ſpielte, war es mir
eigentlich nur immer zu Muthe, als wenn
ich ihn lobte und zu ſeinen Ehren ſpräche;
denn das war die Stimmung meines Her¬
zens, die Worte mochten übrigens ſeyn, wie
ſie wollten. Wußt’ ich ihn unter den Zuhö¬
rern, ſo getraute ich mich nicht, mit der gan¬
zen Gewalt zu ſprechen, eben als wenn ich

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[328/0337] lich auf dem Theater, war in der Haushal¬ tung niemals nütze; ich beſorgte alles, und ſtudierte dabey meine Rollen fleißiger als je¬ mals. Ich ſpielte wieder wie vor Alters, ja mit ganz anderer Kraft und neuem Leben, zwar durch ihn und um ſeinetwillen, doch nicht immer gelang es mir zum Beſten, wenn ich meinen edlen Freund im Schauſpiel wu߬ te; aber einigemal behorchte er mich, und wie angenehm mich ſein unvermutheter Bey¬ fall überraſchte, können Sie denken. Gewiß, ich bin ein ſeltſames Geſchöpf. Bey jeder Rolle, die ich ſpielte, war es mir eigentlich nur immer zu Muthe, als wenn ich ihn lobte und zu ſeinen Ehren ſpräche; denn das war die Stimmung meines Her¬ zens, die Worte mochten übrigens ſeyn, wie ſie wollten. Wußt’ ich ihn unter den Zuhö¬ rern, ſo getraute ich mich nicht, mit der gan¬ zen Gewalt zu ſprechen, eben als wenn ich

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/337>, abgerufen am 27.11.2024.