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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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Sechszehntes Capitel.

Lassen Sie mich, sagte Aurelie, nun auch eine
Frage thun. Ich habe Opheliens Rolle wie¬
der angesehen, ich bin zufrieden damit, und
getraue mir sie unter gewissen Umständen zu
spielen. Aber sagen Sie mir, hätte der Dich¬
ter seiner Wahnsinnigen nicht andere Lied¬
chen unterlegen sollen? Könnte man nicht
Fragmente aus melancholischen Balladen
wählen? was sollen Zweydeutigkeiten und
lüsterne Albernheiten in dem Munde dieses
edlen Mädchens?

Beste Freundin, versetzte Wilhelm, ich
kann auch hier nicht ein Jota nachgeben.
Auch in diesen Sonderbarkeiten, auch in die¬
ser anscheinenden Unschicklichkeit liegt ein
großer Sinn. Wissen wir doch gleich zu

W. Meisters Lehrj. 2. U
Sechszehntes Capitel.

Laſſen Sie mich, ſagte Aurelie, nun auch eine
Frage thun. Ich habe Opheliens Rolle wie¬
der angeſehen, ich bin zufrieden damit, und
getraue mir ſie unter gewiſſen Umſtänden zu
ſpielen. Aber ſagen Sie mir, hätte der Dich¬
ter ſeiner Wahnſinnigen nicht andere Lied¬
chen unterlegen ſollen? Könnte man nicht
Fragmente aus melancholiſchen Balladen
wählen? was ſollen Zweydeutigkeiten und
lüſterne Albernheiten in dem Munde dieſes
edlen Mädchens?

Beſte Freundin, verſetzte Wilhelm, ich
kann auch hier nicht ein Jota nachgeben.
Auch in dieſen Sonderbarkeiten, auch in die¬
ſer anſcheinenden Unſchicklichkeit liegt ein
großer Sinn. Wiſſen wir doch gleich zu

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[305/0314] Sechszehntes Capitel. Laſſen Sie mich, ſagte Aurelie, nun auch eine Frage thun. Ich habe Opheliens Rolle wie¬ der angeſehen, ich bin zufrieden damit, und getraue mir ſie unter gewiſſen Umſtänden zu ſpielen. Aber ſagen Sie mir, hätte der Dich¬ ter ſeiner Wahnſinnigen nicht andere Lied¬ chen unterlegen ſollen? Könnte man nicht Fragmente aus melancholiſchen Balladen wählen? was ſollen Zweydeutigkeiten und lüſterne Albernheiten in dem Munde dieſes edlen Mädchens? Beſte Freundin, verſetzte Wilhelm, ich kann auch hier nicht ein Jota nachgeben. Auch in dieſen Sonderbarkeiten, auch in die¬ ſer anſcheinenden Unſchicklichkeit liegt ein großer Sinn. Wiſſen wir doch gleich zu W. Meiſters Lehrj. 2. U

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/314>, abgerufen am 27.11.2024.