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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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wenn ich nur meinen eigenen Empfindungen
folgen dürfte, versetzte Wilhelm, würde ich
mich, ohnerachtet aller Gründe, hartnäckig
weigern, diese Gabe, so schön und ehrenvoll
sie ist, anzunehmen; aber ich leugne nicht,
daß sie mich in dem Augenblicke, indem sie
mich in Verlegenheit setzt, aus einer Verle¬
genheit reißt, in der ich mich bisher gegen
die Meinigen befand, und die mir manchen
stillen Kummer verursachte. Ich habe so¬
wohl mit dem Gelde als mit der Zeit, von
denen ich Rechenschaft zu geben habe, nicht
zum Besten hausgehalten, nun wird es mir
durch den Edelmuth des Herrn Grafen mög¬
lich, den Meinigen getrost von dem Glücke
Nachricht zu geben, zu dem mich dieser son¬
derbare Seitenweg geführt hat. Ich opfre
die Delikatesse, die uns wie ein zartes Ge¬
wissen bey solchen Gelegenheiten warnt, einer
höhern Pflicht auf, und um meinem Vater

wenn ich nur meinen eigenen Empfindungen
folgen dürfte, verſetzte Wilhelm, würde ich
mich, ohnerachtet aller Gründe, hartnäckig
weigern, dieſe Gabe, ſo ſchön und ehrenvoll
ſie iſt, anzunehmen; aber ich leugne nicht,
daß ſie mich in dem Augenblicke, indem ſie
mich in Verlegenheit ſetzt, aus einer Verle¬
genheit reißt, in der ich mich bisher gegen
die Meinigen befand, und die mir manchen
ſtillen Kummer verurſachte. Ich habe ſo¬
wohl mit dem Gelde als mit der Zeit, von
denen ich Rechenſchaft zu geben habe, nicht
zum Beſten hausgehalten, nun wird es mir
durch den Edelmuth des Herrn Grafen mög¬
lich, den Meinigen getroſt von dem Glücke
Nachricht zu geben, zu dem mich dieſer ſon¬
derbare Seitenweg geführt hat. Ich opfre
die Delikateſſe, die uns wie ein zartes Ge¬
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höhern Pflicht auf, und um meinem Vater

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[169/0177] wenn ich nur meinen eigenen Empfindungen folgen dürfte, verſetzte Wilhelm, würde ich mich, ohnerachtet aller Gründe, hartnäckig weigern, dieſe Gabe, ſo ſchön und ehrenvoll ſie iſt, anzunehmen; aber ich leugne nicht, daß ſie mich in dem Augenblicke, indem ſie mich in Verlegenheit ſetzt, aus einer Verle¬ genheit reißt, in der ich mich bisher gegen die Meinigen befand, und die mir manchen ſtillen Kummer verurſachte. Ich habe ſo¬ wohl mit dem Gelde als mit der Zeit, von denen ich Rechenſchaft zu geben habe, nicht zum Beſten hausgehalten, nun wird es mir durch den Edelmuth des Herrn Grafen mög¬ lich, den Meinigen getroſt von dem Glücke Nachricht zu geben, zu dem mich dieſer ſon¬ derbare Seitenweg geführt hat. Ich opfre die Delikateſſe, die uns wie ein zartes Ge¬ wiſſen bey ſolchen Gelegenheiten warnt, einer höhern Pflicht auf, und um meinem Vater

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/177>, abgerufen am 22.11.2024.