lagen ihrem Beschützer, dem Baron, an, daß er für sie besser sorgen, und ihnen zu dem Genusse und der Bequemlichkeit, die er ihnen versprochen, doch endlich verhelfen solle. Ihre Klagen wurden lauter, und die Bemühungen ihres Freundes, ihnen genug zu thun, immer fruchtloser.
Wilhelm kam indessen, ausser in Proben und Spielstunden, wenig mehr zum Vor¬ scheine. In einem der hintersten Zimmer verschlossen, wozu nur Mignon und dem Harfner der Zutritt gerne verstattet wurde, lebte und webte er in der shakespearischen Welt, so daß er ausser sich nichts kannte noch empfand.
Man erzählt von Zauberern, die durch magische Formeln eine ungeheure Menge al¬ lerley geistiger Gestalten in ihre Stube her¬ beyziehen. Die Beschwörungen sind so kräf¬ tig, daß sich bald der Raum des Zimmers
lagen ihrem Beſchützer, dem Baron, an, daß er für ſie beſſer ſorgen, und ihnen zu dem Genuſſe und der Bequemlichkeit, die er ihnen verſprochen, doch endlich verhelfen ſolle. Ihre Klagen wurden lauter, und die Bemühungen ihres Freundes, ihnen genug zu thun, immer fruchtloſer.
Wilhelm kam indeſſen, auſſer in Proben und Spielſtunden, wenig mehr zum Vor¬ ſcheine. In einem der hinterſten Zimmer verſchloſſen, wozu nur Mignon und dem Harfner der Zutritt gerne verſtattet wurde, lebte und webte er in der ſhakeſpeariſchen Welt, ſo daß er auſſer ſich nichts kannte noch empfand.
Man erzählt von Zauberern, die durch magiſche Formeln eine ungeheure Menge al¬ lerley geiſtiger Geſtalten in ihre Stube her¬ beyziehen. Die Beſchwörungen ſind ſo kräf¬ tig, daß ſich bald der Raum des Zimmers
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0122"n="114"/>
lagen ihrem Beſchützer, dem Baron, an, daß<lb/>
er für ſie beſſer ſorgen, und ihnen zu dem<lb/>
Genuſſe und der Bequemlichkeit, die er ihnen<lb/>
verſprochen, doch endlich verhelfen ſolle. Ihre<lb/>
Klagen wurden lauter, und die Bemühungen<lb/>
ihres Freundes, ihnen genug zu thun, immer<lb/>
fruchtloſer.</p><lb/><p>Wilhelm kam indeſſen, auſſer in Proben<lb/>
und Spielſtunden, wenig mehr zum Vor¬<lb/>ſcheine. In einem der hinterſten Zimmer<lb/>
verſchloſſen, wozu nur Mignon und dem<lb/>
Harfner der Zutritt gerne verſtattet wurde,<lb/>
lebte und webte er in der ſhakeſpeariſchen<lb/>
Welt, ſo daß er auſſer ſich nichts kannte<lb/>
noch empfand.</p><lb/><p>Man erzählt von Zauberern, die durch<lb/>
magiſche Formeln eine ungeheure Menge al¬<lb/>
lerley geiſtiger Geſtalten in ihre Stube her¬<lb/>
beyziehen. Die Beſchwörungen ſind ſo kräf¬<lb/>
tig, daß ſich bald der Raum des Zimmers<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[114/0122]
lagen ihrem Beſchützer, dem Baron, an, daß
er für ſie beſſer ſorgen, und ihnen zu dem
Genuſſe und der Bequemlichkeit, die er ihnen
verſprochen, doch endlich verhelfen ſolle. Ihre
Klagen wurden lauter, und die Bemühungen
ihres Freundes, ihnen genug zu thun, immer
fruchtloſer.
Wilhelm kam indeſſen, auſſer in Proben
und Spielſtunden, wenig mehr zum Vor¬
ſcheine. In einem der hinterſten Zimmer
verſchloſſen, wozu nur Mignon und dem
Harfner der Zutritt gerne verſtattet wurde,
lebte und webte er in der ſhakeſpeariſchen
Welt, ſo daß er auſſer ſich nichts kannte
noch empfand.
Man erzählt von Zauberern, die durch
magiſche Formeln eine ungeheure Menge al¬
lerley geiſtiger Geſtalten in ihre Stube her¬
beyziehen. Die Beſchwörungen ſind ſo kräf¬
tig, daß ſich bald der Raum des Zimmers
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/122>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.