helm war überzeugt, es sey kein Wort sei¬ ner Geschichte auf die Erde gefallen. Nach einer kleinen Pause rief er aus: es ist nun an dir, Mariane, mir auch deine ersten ju¬ gendlichen Freuden mitzutheilen. Noch wa¬ ren wir immer zu sehr mit dem Gegenwärti¬ gen beschäftigt, als daß wir uns wechselsei¬ tig um unsere vorige Lebensweise hätten be¬ kümmern können, sage mir: unter welchen Umständen bist du erzogen? Welche sind die ersten lebhaften Eindrücke, deren du dich er¬ innerst?
Diese Fragen würden Marianen in große Verlegenheit gesetzt haben, wenn ihr die Alte nicht sogleich zu Hülfe gekommen wäre. Glauben Sie denn, sagte das kluge Weib, daß wir auf das, was uns früh begegnet, so aufmerksam sind, daß wir so artige Be¬ gebenheiten zu erzählen haben, und, wenn wir sie zu erzählen hätten, daß wir der
Sache
helm war überzeugt, es ſey kein Wort ſei¬ ner Geſchichte auf die Erde gefallen. Nach einer kleinen Pauſe rief er aus: es iſt nun an dir, Mariane, mir auch deine erſten ju¬ gendlichen Freuden mitzutheilen. Noch wa¬ ren wir immer zu ſehr mit dem Gegenwärti¬ gen beſchäftigt, als daß wir uns wechſelſei¬ tig um unſere vorige Lebensweiſe hätten be¬ kümmern können, ſage mir: unter welchen Umſtänden biſt du erzogen? Welche ſind die erſten lebhaften Eindrücke, deren du dich er¬ innerſt?
Dieſe Fragen würden Marianen in große Verlegenheit geſetzt haben, wenn ihr die Alte nicht ſogleich zu Hülfe gekommen wäre. Glauben Sie denn, ſagte das kluge Weib, daß wir auf das, was uns früh begegnet, ſo aufmerkſam ſind, daß wir ſo artige Be¬ gebenheiten zu erzählen haben, und, wenn wir ſie zu erzählen hätten, daß wir der
Sache
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0056"n="48"/>
helm war überzeugt, es ſey kein Wort ſei¬<lb/>
ner Geſchichte auf die Erde gefallen. Nach<lb/>
einer kleinen Pauſe rief er aus: es iſt nun<lb/>
an dir, Mariane, mir auch deine erſten ju¬<lb/>
gendlichen Freuden mitzutheilen. Noch wa¬<lb/>
ren wir immer zu ſehr mit dem Gegenwärti¬<lb/>
gen beſchäftigt, als daß wir uns wechſelſei¬<lb/>
tig um unſere vorige Lebensweiſe hätten be¬<lb/>
kümmern können, ſage mir: unter welchen<lb/>
Umſtänden biſt du erzogen? Welche ſind die<lb/>
erſten lebhaften Eindrücke, deren du dich er¬<lb/>
innerſt?</p><lb/><p>Dieſe Fragen würden Marianen in große<lb/>
Verlegenheit geſetzt haben, wenn ihr die Alte<lb/>
nicht ſogleich zu Hülfe gekommen wäre.<lb/>
Glauben Sie denn, ſagte das kluge Weib,<lb/>
daß wir auf das, was uns früh begegnet,<lb/>ſo aufmerkſam ſind, daß wir ſo artige Be¬<lb/>
gebenheiten zu erzählen haben, und, wenn<lb/>
wir ſie zu erzählen hätten, daß wir der<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Sache<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[48/0056]
helm war überzeugt, es ſey kein Wort ſei¬
ner Geſchichte auf die Erde gefallen. Nach
einer kleinen Pauſe rief er aus: es iſt nun
an dir, Mariane, mir auch deine erſten ju¬
gendlichen Freuden mitzutheilen. Noch wa¬
ren wir immer zu ſehr mit dem Gegenwärti¬
gen beſchäftigt, als daß wir uns wechſelſei¬
tig um unſere vorige Lebensweiſe hätten be¬
kümmern können, ſage mir: unter welchen
Umſtänden biſt du erzogen? Welche ſind die
erſten lebhaften Eindrücke, deren du dich er¬
innerſt?
Dieſe Fragen würden Marianen in große
Verlegenheit geſetzt haben, wenn ihr die Alte
nicht ſogleich zu Hülfe gekommen wäre.
Glauben Sie denn, ſagte das kluge Weib,
daß wir auf das, was uns früh begegnet,
ſo aufmerkſam ſind, daß wir ſo artige Be¬
gebenheiten zu erzählen haben, und, wenn
wir ſie zu erzählen hätten, daß wir der
Sache
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/56>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.