ähnlich zu seyn, die in der Luft vor unsern Augen herum schweben, die wir allenfalls haschen und uns zueignen mögten; da sich der Gesang dagegen wie ein Genius gen Himmel hebt, und das bessere Ich in uns ihn zu begleiten anreizt.
Der Alte sah Wilhelmen an, alsdann in die Höhe, that einige Griffe auf der Harfe, und begann sein Lied. Es enthielt ein Lob auf den Gesang, pries das Glück der Sän¬ ger, und ermahnte die Menschen, sie zu ehren. Er trug das Lied mit so viel Leben und Wahrheit vor, daß es schien, als hätte er es in diesem Augenblicke und bey diesem An¬ lasse gedichtet. Wilhelm enthielt sich kaum, ihm um den Hals zu fallen, nur die Furcht, ein lautes Gelächter zu erregen, zog ihn auf seinen Stuhl zurück; denn die übrigen mach¬ ten schon halb laut einige alberne Anmer¬ kungen, und stritten, ob es ein Pfaffe oder Jude sey.
ähnlich zu ſeyn, die in der Luft vor unſern Augen herum ſchweben, die wir allenfalls haſchen und uns zueignen mögten; da ſich der Geſang dagegen wie ein Genius gen Himmel hebt, und das beſſere Ich in uns ihn zu begleiten anreizt.
Der Alte ſah Wilhelmen an, alsdann in die Höhe, that einige Griffe auf der Harfe, und begann ſein Lied. Es enthielt ein Lob auf den Geſang, pries das Glück der Sän¬ ger, und ermahnte die Menſchen, ſie zu ehren. Er trug das Lied mit ſo viel Leben und Wahrheit vor, daß es ſchien, als hätte er es in dieſem Augenblicke und bey dieſem An¬ laſſe gedichtet. Wilhelm enthielt ſich kaum, ihm um den Hals zu fallen, nur die Furcht, ein lautes Gelächter zu erregen, zog ihn auf ſeinen Stuhl zurück; denn die übrigen mach¬ ten ſchon halb laut einige alberne Anmer¬ kungen, und ſtritten, ob es ein Pfaffe oder Jude ſey.
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ähnlich zu ſeyn, die in der Luft vor unſern
Augen herum ſchweben, die wir allenfalls
haſchen und uns zueignen mögten; da ſich
der Geſang dagegen wie ein Genius gen
Himmel hebt, und das beſſere Ich in uns
ihn zu begleiten anreizt.
Der Alte ſah Wilhelmen an, alsdann in
die Höhe, that einige Griffe auf der Harfe,
und begann ſein Lied. Es enthielt ein Lob
auf den Geſang, pries das Glück der Sän¬
ger, und ermahnte die Menſchen, ſie zu ehren.
Er trug das Lied mit ſo viel Leben und
Wahrheit vor, daß es ſchien, als hätte er es
in dieſem Augenblicke und bey dieſem An¬
laſſe gedichtet. Wilhelm enthielt ſich kaum,
ihm um den Hals zu fallen, nur die Furcht,
ein lautes Gelächter zu erregen, zog ihn auf
ſeinen Stuhl zurück; denn die übrigen mach¬
ten ſchon halb laut einige alberne Anmer¬
kungen, und ſtritten, ob es ein Pfaffe oder
Jude ſey.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/333>, abgerufen am 25.11.2024.
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