wir müssen bekennen, er hielt sich nicht in den Grenzen eines proportionirten Gegenge¬ schenks. Er kaufte ihr nicht allein ein Paar sehr niedliche Ohrringe, sondern nahm dazu noch einen Hut und Halstuch, und einige andere Kleinigkeiten, die er sie den ersten Tag hatte verschwenderisch wegwerfen sehen.
Madam Melina, die ihn eben als er seine Gaben überreichte, zu beobachten kam, suchte noch vor Tische eine Gelegenheit, ihn sehr ernstlich über die Empfindung für dieses Mädchen zur Rede zu setzen, und er war um so erstaunter, als er nichts weniger als diese Vorwürfe zu verdienen glaubte. Er schwur hoch und theuer, daß es ihm keines¬ wegs eingefallen sey, sich an diese Person, deren ganzen Wandel er wohl kenne, zu wenden, er entschuldigte sich so gut er konnte über sein freundliches und artiges Betragen gegen sie, und befriedigte Madam Melina
W. Meisters Lehrj. X
wir müſſen bekennen, er hielt ſich nicht in den Grenzen eines proportionirten Gegenge¬ ſchenks. Er kaufte ihr nicht allein ein Paar ſehr niedliche Ohrringe, ſondern nahm dazu noch einen Hut und Halstuch, und einige andere Kleinigkeiten, die er ſie den erſten Tag hatte verſchwenderiſch wegwerfen ſehen.
Madam Melina, die ihn eben als er ſeine Gaben überreichte, zu beobachten kam, ſuchte noch vor Tiſche eine Gelegenheit, ihn ſehr ernſtlich über die Empfindung für dieſes Mädchen zur Rede zu ſetzen, und er war um ſo erſtaunter, als er nichts weniger als dieſe Vorwürfe zu verdienen glaubte. Er ſchwur hoch und theuer, daß es ihm keines¬ wegs eingefallen ſey, ſich an dieſe Perſon, deren ganzen Wandel er wohl kenne, zu wenden, er entſchuldigte ſich ſo gut er konnte über ſein freundliches und artiges Betragen gegen ſie, und befriedigte Madam Melina
W. Meiſters Lehrj. X
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wir müſſen bekennen, er hielt ſich nicht in
den Grenzen eines proportionirten Gegenge¬
ſchenks. Er kaufte ihr nicht allein ein Paar
ſehr niedliche Ohrringe, ſondern nahm dazu
noch einen Hut und Halstuch, und einige
andere Kleinigkeiten, die er ſie den erſten
Tag hatte verſchwenderiſch wegwerfen ſehen.
Madam Melina, die ihn eben als er
ſeine Gaben überreichte, zu beobachten kam,
ſuchte noch vor Tiſche eine Gelegenheit, ihn
ſehr ernſtlich über die Empfindung für dieſes
Mädchen zur Rede zu ſetzen, und er war
um ſo erſtaunter, als er nichts weniger als
dieſe Vorwürfe zu verdienen glaubte. Er
ſchwur hoch und theuer, daß es ihm keines¬
wegs eingefallen ſey, ſich an dieſe Perſon,
deren ganzen Wandel er wohl kenne, zu
wenden, er entſchuldigte ſich ſo gut er konnte
über ſein freundliches und artiges Betragen
gegen ſie, und befriedigte Madam Melina
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/329>, abgerufen am 21.11.2024.
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