Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Capitel.

Wenn die erste Liebe, wie ich allgemein be¬
haupten höre, das Schönste ist, was ein Herz
früher oder später empfinden kann; so müs¬
sen wir unsern Helden dreyfach glücklich prei¬
sen, daß ihm gegönnt ward, die Wonne die¬
ser einzigen Augenblicke in ihrem ganzen
Umfange zu genießen. Nur wenig Men¬
schen werden so vorzüglich begünstigt, indeß
die meisten von ihren frühern Empfindungen
nur durch eine harte Schule geführt werden,
in welcher sie, nach einem kümmerlichen Ge¬
nuß, gezwungen sind, ihren besten Wünschen
entsagen, und das, was ihnen als höchste
Glückseligkeit vorschwebte, für immer entbeh¬
ren zu lernen.

Drittes Capitel.

Wenn die erſte Liebe, wie ich allgemein be¬
haupten höre, das Schönſte iſt, was ein Herz
früher oder ſpäter empfinden kann; ſo müſ¬
ſen wir unſern Helden dreyfach glücklich prei¬
ſen, daß ihm gegönnt ward, die Wonne die¬
ſer einzigen Augenblicke in ihrem ganzen
Umfange zu genießen. Nur wenig Men¬
ſchen werden ſo vorzüglich begünſtigt, indeß
die meiſten von ihren frühern Empfindungen
nur durch eine harte Schule geführt werden,
in welcher ſie, nach einem kümmerlichen Ge¬
nuß, gezwungen ſind, ihren beſten Wünſchen
entſagen, und das, was ihnen als höchſte
Glückſeligkeit vorſchwebte, für immer entbeh¬
ren zu lernen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0026" n="18"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Drittes Capitel</hi>.<lb/></head>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p><hi rendition="#in">W</hi>enn die er&#x017F;te Liebe, wie ich allgemein be¬<lb/>
haupten höre, das Schön&#x017F;te i&#x017F;t, was ein Herz<lb/>
früher oder &#x017F;päter empfinden kann; &#x017F;o mü&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en wir un&#x017F;ern Helden dreyfach glücklich prei¬<lb/>
&#x017F;en, daß ihm gegönnt ward, die Wonne die¬<lb/>
&#x017F;er einzigen Augenblicke in ihrem ganzen<lb/>
Umfange zu genießen. Nur wenig Men¬<lb/>
&#x017F;chen werden &#x017F;o vorzüglich begün&#x017F;tigt, indeß<lb/>
die mei&#x017F;ten von ihren frühern Empfindungen<lb/>
nur durch eine harte Schule geführt werden,<lb/>
in welcher &#x017F;ie, nach einem kümmerlichen Ge¬<lb/>
nuß, gezwungen &#x017F;ind, ihren be&#x017F;ten Wün&#x017F;chen<lb/>
ent&#x017F;agen, und das, was ihnen als höch&#x017F;te<lb/>
Glück&#x017F;eligkeit vor&#x017F;chwebte, für immer entbeh¬<lb/>
ren zu lernen.</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0026] Drittes Capitel. Wenn die erſte Liebe, wie ich allgemein be¬ haupten höre, das Schönſte iſt, was ein Herz früher oder ſpäter empfinden kann; ſo müſ¬ ſen wir unſern Helden dreyfach glücklich prei¬ ſen, daß ihm gegönnt ward, die Wonne die¬ ſer einzigen Augenblicke in ihrem ganzen Umfange zu genießen. Nur wenig Men¬ ſchen werden ſo vorzüglich begünſtigt, indeß die meiſten von ihren frühern Empfindungen nur durch eine harte Schule geführt werden, in welcher ſie, nach einem kümmerlichen Ge¬ nuß, gezwungen ſind, ihren beſten Wünſchen entſagen, und das, was ihnen als höchſte Glückſeligkeit vorſchwebte, für immer entbeh¬ ren zu lernen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/26
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/26>, abgerufen am 27.04.2024.