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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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getödtet glaubte, sich wieder zu bewegen an¬
fangen? Mußte nicht die Leidenschaft, über
die er, abgeschieden von seiner Geliebten,
Herr geworden war, in der Gegenwart die¬
ser Kleinigkeiten wieder mächtig werden?
Denn wir merken erst, wie traurig und un¬
angenehm ein trüber Tag ist, wenn ein ein¬
ziger, durchdringender Sonnenblick uns den
aufmunternden Glanz einer heitern Stunde
darstellt.

Nicht ohne Bewegung sah er daher diese
so lange bewahrten Heiligthümer nach ein¬
ander in Rauch und Flamme vor sich aufge¬
hen. Einigemal hielt er zaudernd inne, und
hatte noch eine Perlenschnur und ein flohr¬
nes Halstuch übrig, als er sich entschloß, mit
den dichterischen Versuchen seiner Jugend das
abnehmende Feuer wieder aufzufrischen.

Bis jetzt hatte er alles sorgfältig aufge¬
hoben, was ihm, von der frühsten Entwick¬

getödtet glaubte, ſich wieder zu bewegen an¬
fangen? Mußte nicht die Leidenſchaft, über
die er, abgeſchieden von ſeiner Geliebten,
Herr geworden war, in der Gegenwart die¬
ſer Kleinigkeiten wieder mächtig werden?
Denn wir merken erſt, wie traurig und un¬
angenehm ein trüber Tag iſt, wenn ein ein¬
ziger, durchdringender Sonnenblick uns den
aufmunternden Glanz einer heitern Stunde
darſtellt.

Nicht ohne Bewegung ſah er daher dieſe
ſo lange bewahrten Heiligthümer nach ein¬
ander in Rauch und Flamme vor ſich aufge¬
hen. Einigemal hielt er zaudernd inne, und
hatte noch eine Perlenſchnur und ein flohr¬
nes Halstuch übrig, als er ſich entſchloß, mit
den dichteriſchen Verſuchen ſeiner Jugend das
abnehmende Feuer wieder aufzufriſchen.

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[197/0205] getödtet glaubte, ſich wieder zu bewegen an¬ fangen? Mußte nicht die Leidenſchaft, über die er, abgeſchieden von ſeiner Geliebten, Herr geworden war, in der Gegenwart die¬ ſer Kleinigkeiten wieder mächtig werden? Denn wir merken erſt, wie traurig und un¬ angenehm ein trüber Tag iſt, wenn ein ein¬ ziger, durchdringender Sonnenblick uns den aufmunternden Glanz einer heitern Stunde darſtellt. Nicht ohne Bewegung ſah er daher dieſe ſo lange bewahrten Heiligthümer nach ein¬ ander in Rauch und Flamme vor ſich aufge¬ hen. Einigemal hielt er zaudernd inne, und hatte noch eine Perlenſchnur und ein flohr¬ nes Halstuch übrig, als er ſich entſchloß, mit den dichteriſchen Verſuchen ſeiner Jugend das abnehmende Feuer wieder aufzufriſchen. Bis jetzt hatte er alles ſorgfältig aufge¬ hoben, was ihm, von der frühſten Entwick¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/205>, abgerufen am 25.11.2024.