fälle, die ihm begegnet waren, überlegte. Die Bewegung, welche durch die Flucht ei¬ nes Mädchens in eine gute Bürgerfamilie, ja in ein ganzes Städtchen gekommen war, hatte er mit Augen gesehen, die Scenen auf der Landstraße und im Amthause, die Gesin¬ nungen Melinas, und was sonst noch vor¬ gegangen war, stellten sich ihm wieder dar, und brachten seinen lebhaften, vordringenden Geist in eine Art von sorglicher Unruhe, die er nicht lange ertrug, sondern seinem Pferde die Sporen gab und nach der Stadt zueilte.
Allein auch auf diesem Wege rannte er nur neuen Unannehmlichkeiten entgegen. Werner, sein Freund und vermuthlicher Schwager, wartete auf ihn, um ein ernsthaf¬ tes, bedeutendes und unerwartetes Gespräch mit ihm anzufangen.
Werner war einer von den geprüften, in ihrem Daseyn bestimmten Leuten, die man
fälle, die ihm begegnet waren, überlegte. Die Bewegung, welche durch die Flucht ei¬ nes Mädchens in eine gute Bürgerfamilie, ja in ein ganzes Städtchen gekommen war, hatte er mit Augen geſehen, die Scenen auf der Landſtraße und im Amthauſe, die Geſin¬ nungen Melinas, und was ſonſt noch vor¬ gegangen war, ſtellten ſich ihm wieder dar, und brachten ſeinen lebhaften, vordringenden Geiſt in eine Art von ſorglicher Unruhe, die er nicht lange ertrug, ſondern ſeinem Pferde die Sporen gab und nach der Stadt zueilte.
Allein auch auf dieſem Wege rannte er nur neuen Unannehmlichkeiten entgegen. Werner, ſein Freund und vermuthlicher Schwager, wartete auf ihn, um ein ernſthaf¬ tes, bedeutendes und unerwartetes Geſpräch mit ihm anzufangen.
Werner war einer von den geprüften, in ihrem Daſeyn beſtimmten Leuten, die man
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0151"n="143"/>
fälle, die ihm begegnet waren, überlegte.<lb/>
Die Bewegung, welche durch die Flucht ei¬<lb/>
nes Mädchens in eine gute Bürgerfamilie,<lb/>
ja in ein ganzes Städtchen gekommen war,<lb/>
hatte er mit Augen geſehen, die Scenen auf<lb/>
der Landſtraße und im Amthauſe, die Geſin¬<lb/>
nungen Melinas, und was ſonſt noch vor¬<lb/>
gegangen war, ſtellten ſich ihm wieder dar,<lb/>
und brachten ſeinen lebhaften, vordringenden<lb/>
Geiſt in eine Art von ſorglicher Unruhe, die<lb/>
er nicht lange ertrug, ſondern ſeinem Pferde<lb/>
die Sporen gab und nach der Stadt zueilte.</p><lb/><p>Allein auch auf dieſem Wege rannte<lb/>
er nur neuen Unannehmlichkeiten entgegen.<lb/>
Werner, ſein Freund und vermuthlicher<lb/>
Schwager, wartete auf ihn, um ein ernſthaf¬<lb/>
tes, bedeutendes und unerwartetes Geſpräch<lb/>
mit ihm anzufangen.</p><lb/><p>Werner war einer von den geprüften, in<lb/>
ihrem Daſeyn beſtimmten Leuten, die man<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[143/0151]
fälle, die ihm begegnet waren, überlegte.
Die Bewegung, welche durch die Flucht ei¬
nes Mädchens in eine gute Bürgerfamilie,
ja in ein ganzes Städtchen gekommen war,
hatte er mit Augen geſehen, die Scenen auf
der Landſtraße und im Amthauſe, die Geſin¬
nungen Melinas, und was ſonſt noch vor¬
gegangen war, ſtellten ſich ihm wieder dar,
und brachten ſeinen lebhaften, vordringenden
Geiſt in eine Art von ſorglicher Unruhe, die
er nicht lange ertrug, ſondern ſeinem Pferde
die Sporen gab und nach der Stadt zueilte.
Allein auch auf dieſem Wege rannte
er nur neuen Unannehmlichkeiten entgegen.
Werner, ſein Freund und vermuthlicher
Schwager, wartete auf ihn, um ein ernſthaf¬
tes, bedeutendes und unerwartetes Geſpräch
mit ihm anzufangen.
Werner war einer von den geprüften, in
ihrem Daſeyn beſtimmten Leuten, die man
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/151>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.