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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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behauenen, den gebildeten Stein wieder be¬
lebt, erloschene, zerstückte Inschriften zum
zweyten Mal vor die Augen, vor den Sinn
des Lesers bringt. Auf solche Weise erfüllt
seine Thätigkeit das Elsaß und die Nachbar¬
schaft ; in Baden und der Pfalz behält er bis
in's höchste Alter einen ununterbrochenen Ein¬
fluß; in Mannheim stiftet er die Academie
der Wissenschaften und erhält sich als Präsi¬
dent derselben bis an seinen Tod.

Genähert habe ich mich diesem vorzügli¬
chen Manne niemals als in einer Nacht, da
wir ihm ein Fackelständchen brachten. Den
mit Linden überwölbten Hof des alten Stift¬
gebäudes erfüllten unsere Pechfeuer mehr mit
Rauch als daß sie ihn erleuchtet hätten.
Nach geendigtem Musikgeräusch kam er herab
und trat unter uns; und hier war er recht
an seinem Platze. Der schlank- und wohlge¬
wachsene heitere Greis stand mit leichtem
freyen Wesen würdig vor uns und hielt uns

behauenen, den gebildeten Stein wieder be¬
lebt, erloſchene, zerſtuͤckte Inſchriften zum
zweyten Mal vor die Augen, vor den Sinn
des Leſers bringt. Auf ſolche Weiſe erfuͤllt
ſeine Thaͤtigkeit das Elſaß und die Nachbar¬
ſchaft ; in Baden und der Pfalz behaͤlt er bis
in's hoͤchſte Alter einen ununterbrochenen Ein¬
fluß; in Mannheim ſtiftet er die Academie
der Wiſſenſchaften und erhaͤlt ſich als Praͤſi¬
dent derſelben bis an ſeinen Tod.

Genaͤhert habe ich mich dieſem vorzuͤgli¬
chen Manne niemals als in einer Nacht, da
wir ihm ein Fackelſtaͤndchen brachten. Den
mit Linden uͤberwoͤlbten Hof des alten Stift¬
gebaͤudes erfuͤllten unſere Pechfeuer mehr mit
Rauch als daß ſie ihn erleuchtet haͤtten.
Nach geendigtem Muſikgeraͤuſch kam er herab
und trat unter uns; und hier war er recht
an ſeinem Platze. Der ſchlank- und wohlge¬
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[70/0078] behauenen, den gebildeten Stein wieder be¬ lebt, erloſchene, zerſtuͤckte Inſchriften zum zweyten Mal vor die Augen, vor den Sinn des Leſers bringt. Auf ſolche Weiſe erfuͤllt ſeine Thaͤtigkeit das Elſaß und die Nachbar¬ ſchaft ; in Baden und der Pfalz behaͤlt er bis in's hoͤchſte Alter einen ununterbrochenen Ein¬ fluß; in Mannheim ſtiftet er die Academie der Wiſſenſchaften und erhaͤlt ſich als Praͤſi¬ dent derſelben bis an ſeinen Tod. Genaͤhert habe ich mich dieſem vorzuͤgli¬ chen Manne niemals als in einer Nacht, da wir ihm ein Fackelſtaͤndchen brachten. Den mit Linden uͤberwoͤlbten Hof des alten Stift¬ gebaͤudes erfuͤllten unſere Pechfeuer mehr mit Rauch als daß ſie ihn erleuchtet haͤtten. Nach geendigtem Muſikgeraͤuſch kam er herab und trat unter uns; und hier war er recht an ſeinem Platze. Der ſchlank- und wohlge¬ wachſene heitere Greis ſtand mit leichtem freyen Weſen wuͤrdig vor uns und hielt uns

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/78>, abgerufen am 24.11.2024.