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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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glaubte wohl auch, daß ich mich dazu schicke,
ohne mich geprüft zu haben, ob eine solche
Lebens- und Geschäftsweise, welche fordert,
daß man am liebsten in der Zerstreuung zweck¬
mäßig thätig sey, für mich passen möchte;
und nun gesellte sich zu diesen Vorschlägen
und Vorsätzen noch eine zarte Neigung, wel¬
che zu bestimmter Häuslichkeit aufzufordern
und jenen Entschluß zu beschleunigen schien.

Die früher erwähnte Gesellschaft nämlich
von jungen Männern und Frauenzimmern,
welche meiner Schwester wo nicht den Ur¬
sprung doch die Consistenz verdankte, war
nach ihrer Verheiratung und Abreise noch im¬
mer bestanden, weil man sich einmal an ein¬
ander gewöhnt hatte, und einen Abend in
der Woche nicht besser als in diesem freund¬
schaftlichen Cirkel zuzubringen wußte. Auch
jener wunderliche Redner, den wir schon aus
dem sechsten Buche kennen, war noch man¬

glaubte wohl auch, daß ich mich dazu ſchicke,
ohne mich gepruͤft zu haben, ob eine ſolche
Lebens- und Geſchaͤftsweiſe, welche fordert,
daß man am liebſten in der Zerſtreuung zweck¬
maͤßig thaͤtig ſey, fuͤr mich paſſen moͤchte;
und nun geſellte ſich zu dieſen Vorſchlaͤgen
und Vorſaͤtzen noch eine zarte Neigung, wel¬
che zu beſtimmter Haͤuslichkeit aufzufordern
und jenen Entſchluß zu beſchleunigen ſchien.

Die fruͤher erwaͤhnte Geſellſchaft naͤmlich
von jungen Maͤnnern und Frauenzimmern,
welche meiner Schweſter wo nicht den Ur¬
ſprung doch die Conſiſtenz verdankte, war
nach ihrer Verheiratung und Abreiſe noch im¬
mer beſtanden, weil man ſich einmal an ein¬
ander gewoͤhnt hatte, und einen Abend in
der Woche nicht beſſer als in dieſem freund¬
ſchaftlichen Cirkel zuzubringen wußte. Auch
jener wunderliche Redner, den wir ſchon aus
dem ſechſten Buche kennen, war noch man¬

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[526/0534] glaubte wohl auch, daß ich mich dazu ſchicke, ohne mich gepruͤft zu haben, ob eine ſolche Lebens- und Geſchaͤftsweiſe, welche fordert, daß man am liebſten in der Zerſtreuung zweck¬ maͤßig thaͤtig ſey, fuͤr mich paſſen moͤchte; und nun geſellte ſich zu dieſen Vorſchlaͤgen und Vorſaͤtzen noch eine zarte Neigung, wel¬ che zu beſtimmter Haͤuslichkeit aufzufordern und jenen Entſchluß zu beſchleunigen ſchien. Die fruͤher erwaͤhnte Geſellſchaft naͤmlich von jungen Maͤnnern und Frauenzimmern, welche meiner Schweſter wo nicht den Ur¬ ſprung doch die Conſiſtenz verdankte, war nach ihrer Verheiratung und Abreiſe noch im¬ mer beſtanden, weil man ſich einmal an ein¬ ander gewoͤhnt hatte, und einen Abend in der Woche nicht beſſer als in dieſem freund¬ ſchaftlichen Cirkel zuzubringen wußte. Auch jener wunderliche Redner, den wir ſchon aus dem ſechſten Buche kennen, war noch man¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/534>, abgerufen am 10.05.2024.