Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

sie in allen Fällen ihre Heiterkeit behielt,
fehlte es ihr auch niemals an Hülfsmitteln,
das Vorgesetzte oder Gewünschte zu bewerk¬
stelligen. Gegenwärtig wurde sie nun an die
kranke Freundinn abgesendet, um deren Gut¬
achten einzuholen, und da dieses für meine
Seite günstig ausfiel, sodann ersucht, die
Einwilligung des Vaters zu erlangen, der
denn auch, obgleich ungläubig und ungern,
nachgab.

Ich gelangte also in sehr kalter Jahres¬
zeit zur bestimmten Stunde nach Maynz,
und wurde von den jungen Herrschaften und
ihren Begleitern, der Einladung gemäß, gar
freundlich aufgenommen. Der in Frankfurt
geführten Gespräche erinnerte man sich, die
begonnenen wurden fortgesetzt, und als von
der neuesten deutschen Literatur und von ihren
Kühnheiten die Rede war, fügte es sich ganz na¬
türlich, daß auch jenes famose Stück, Götter,
Helden und Wieland, zur Sprache kam;

III. 32

ſie in allen Faͤllen ihre Heiterkeit behielt,
fehlte es ihr auch niemals an Huͤlfsmitteln,
das Vorgeſetzte oder Gewuͤnſchte zu bewerk¬
ſtelligen. Gegenwaͤrtig wurde ſie nun an die
kranke Freundinn abgeſendet, um deren Gut¬
achten einzuholen, und da dieſes fuͤr meine
Seite guͤnſtig ausfiel, ſodann erſucht, die
Einwilligung des Vaters zu erlangen, der
denn auch, obgleich unglaͤubig und ungern,
nachgab.

Ich gelangte alſo in ſehr kalter Jahres¬
zeit zur beſtimmten Stunde nach Maynz,
und wurde von den jungen Herrſchaften und
ihren Begleitern, der Einladung gemaͤß, gar
freundlich aufgenommen. Der in Frankfurt
gefuͤhrten Geſpraͤche erinnerte man ſich, die
begonnenen wurden fortgeſetzt, und als von
der neueſten deutſchen Literatur und von ihren
Kuͤhnheiten die Rede war, fuͤgte es ſich ganz na¬
tuͤrlich, daß auch jenes famose Stuͤck, Goͤtter,
Helden und Wieland, zur Sprache kam;

III. 32
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0505" n="497"/>
&#x017F;ie in allen Fa&#x0364;llen ihre Heiterkeit behielt,<lb/>
fehlte es ihr auch niemals an Hu&#x0364;lfsmitteln,<lb/>
das Vorge&#x017F;etzte oder Gewu&#x0364;n&#x017F;chte zu bewerk¬<lb/>
&#x017F;telligen. Gegenwa&#x0364;rtig wurde &#x017F;ie nun an die<lb/>
kranke Freundinn abge&#x017F;endet, um deren Gut¬<lb/>
achten einzuholen, und da die&#x017F;es fu&#x0364;r meine<lb/>
Seite gu&#x0364;n&#x017F;tig ausfiel, &#x017F;odann er&#x017F;ucht, die<lb/>
Einwilligung des Vaters zu erlangen, der<lb/>
denn auch, obgleich ungla&#x0364;ubig und ungern,<lb/>
nachgab.</p><lb/>
        <p>Ich gelangte al&#x017F;o in &#x017F;ehr kalter Jahres¬<lb/>
zeit zur be&#x017F;timmten Stunde nach Maynz,<lb/>
und wurde von den jungen Herr&#x017F;chaften und<lb/>
ihren Begleitern, der Einladung gema&#x0364;ß, gar<lb/>
freundlich aufgenommen. Der in Frankfurt<lb/>
gefu&#x0364;hrten Ge&#x017F;pra&#x0364;che erinnerte man &#x017F;ich, die<lb/>
begonnenen wurden fortge&#x017F;etzt, und als von<lb/>
der neue&#x017F;ten deut&#x017F;chen Literatur und von ihren<lb/>
Ku&#x0364;hnheiten die Rede war, fu&#x0364;gte es &#x017F;ich ganz na¬<lb/>
tu&#x0364;rlich, daß auch jenes famose Stu&#x0364;ck, <hi rendition="#g">Go&#x0364;tter</hi>,<lb/><hi rendition="#g">Helden und Wieland</hi>, zur Sprache kam;<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">III. 32<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[497/0505] ſie in allen Faͤllen ihre Heiterkeit behielt, fehlte es ihr auch niemals an Huͤlfsmitteln, das Vorgeſetzte oder Gewuͤnſchte zu bewerk¬ ſtelligen. Gegenwaͤrtig wurde ſie nun an die kranke Freundinn abgeſendet, um deren Gut¬ achten einzuholen, und da dieſes fuͤr meine Seite guͤnſtig ausfiel, ſodann erſucht, die Einwilligung des Vaters zu erlangen, der denn auch, obgleich unglaͤubig und ungern, nachgab. Ich gelangte alſo in ſehr kalter Jahres¬ zeit zur beſtimmten Stunde nach Maynz, und wurde von den jungen Herrſchaften und ihren Begleitern, der Einladung gemaͤß, gar freundlich aufgenommen. Der in Frankfurt gefuͤhrten Geſpraͤche erinnerte man ſich, die begonnenen wurden fortgeſetzt, und als von der neueſten deutſchen Literatur und von ihren Kuͤhnheiten die Rede war, fuͤgte es ſich ganz na¬ tuͤrlich, daß auch jenes famose Stuͤck, Goͤtter, Helden und Wieland, zur Sprache kam; III. 32

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/505
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/505>, abgerufen am 10.05.2024.